Mittelpunkt des Lebens

Es zieht Leben ein, wo lange Leerstand war: Die "Bunte Butze" sorgt für Trubel und möchte das erste CO2-neutrale Mehrfamilienhaus Stadt­felds werden.

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© Wiebe

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In einem der beliebtesten Stadtteile Magdeburgs ein Haus kaufen, sich dabei noch selbstverwirklichen und klimafreundlich sanieren? Kein Problem! Das dachte sich das Team rund um die bunte Butze und kaufte im Frühjahr 2020 eine der letzten grauen Flecken in Stadtfeld Ost. Das Eckhaus an der Kreuzung von Anna- und Hans-Löscher-Straße soll künftig 11 Wohnungen bieten. Noch läuft der Ausbau. Der Clou dabei ist, dass keine renditeorientierte Immobilienfirma dahintersteht, sondern ein Freundeskreis rund um Ernas Laden. „Der Hauskauf hat sich im Unverpacktladen ergeben. Hier haben wir uns vor vier Jahren kennengelernt“, beschreibt Sarah Werner die Anfangsphase. Mit Lehmputz, Erdwärme, Wasseraufbereitung und Photovoltaik-Anlagen sollen die Emissionen des Hauses niedrig gehalten werden. Als erstes wurde der Laden fertig, der von Anfang an für den Unverpacktladen vorgesehen war. Sarah Werner und Frithjof Anten sehen hier die neue Basis für das Haus: „Deshalb haben wir auch den Namen Ernas LebensMittelPunkt gewählt. Wir wollen Kiezladen mit einem breiten Angebot an Lebensmitteln sein, haben das Café vergrößert und eine Bühne für Workshops sowie Kultur eingebaut. Bald folgt eine Terrasse.“

Der Einzug des Unverpacktladens lief jedoch nicht konfliktfrei. Der etablierte Friseur „Hellas“ musste mit dem Besitzerwechsel des Hauses weichen. Gentrifizierung, also die Verdrängung etablierter Läden, ist der Vorwurf gegen die bunte Butze. Sarah und Frithjof: „Der Shitstorm hat viel Kraft gekostet, wir haben dem Friseurladen ein neues Ladengeschäft am Schellheimer Platz besorgt, denn unser Anspruch war eine möglichst verträgliche Lösung für alle. Die Kommunikation startete mit beiderseitigen Fehlinfos und war schwierig. Wir haben nicht zueinandergepasst.“ Für das Haus hat sich der Freundeskreis verschuldet. Sarah: „Wir sind keine Ökokapitalisten, die massig Geld scheffeln. Um dem Friseur ein anderes Geschäft zu besorgen, haben wir extra einen Tausch von Ladenflächen organisiert. Im Sommer 2021 konnten wir dann endlich anfangen, in der bunten Butze die Ladenfläche zu sanieren.“ Der Verkauf regionaler, unverpackter Waren soll Denkanstoß sein – hinzu bewusster Ernährung statt Massenindustrie. Frithjof abschließend: „Wir können uns wie alle Bauprojekte der Gentrifizierungskritik dennoch nicht entziehen und müssen uns dieser Debatte stellen.“

Hier geht's zur Website der Bunten Butze; Tag der Offenen Tür, 4. Juni, 8-18 Uhr

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