Trainerlegende sagt „Tschüss“

Magdeburger Wasserball-Ikone Rolf Bastel im Alter von 94 Jahren verstorben.

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© Florian Pötzsch

Noch bis vor wenigen Jahren zog es Rolf Bastel regelmäßig in „sein Dynamo-Bad“ in die Große Diesdorfer Straße. Hier feuerte der über 90-Jährige die Recken der „Wasserball Union Magdeburg“ an, schimpfte auf so manche Schiedsrichterentscheidung. Vor Aufregung hätte er am liebsten die Halle verlassen, doch er blieb - wie immer. Nun trauert Magdeburg um eine Trainerlegende. Rolf Bastel ist am Sonnabend im Alter von 94 Jahren verstorben.

Rolf Bastel wurde am 12. Juli 1927 in Magdeburg geboren. Die Elbe sollte sein Leben bestimmen. An den Ufern des großen Flusses verbrachte er seine Kindheit und seine Jugend.

So übernahmen seine Eltern die Bewirtschaftung der Gaststätte des „Wassersportvereins Buckau Fermersleben“. Der Kahn war in den Sommermonaten an die Buhne am Katzenwerder gezogen worden, ganz in der Nähe des heutigen Salbker Sees. Auch ein Freibad wurde hier während der warmen Jahreszeit eingerichtet, unter anderem als Trainings- und Wettkampfstätte des genannten Wassersportvereins. Hier lernte Rolf Bastel seine Rose-Marie kennen - und lieben. Obwohl Rolf mit neun Jahren drei Jahre älter war als seine spätere Ehefrau, blieb die Liebe frisch.

Dem Wunsch seines Vaters folgend lernte Rolf Bastel zunächst den Beruf des Binnenschiffers. Doch mit gerade einmal 17 Jahren wurde der Jugendliche noch kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs in die Wehrmachtsuniform gepresst. Jahre später aus der Gefangenschaft entlassen fand er in Magdeburg eine neue Berufung: Er wurde Feuerwehrmann.

In seiner Freizeit spielte er Wasserball mit seinen besten Jugendfreunden, ebenfalls Kameraden der Feuerwehr - zunächst bei der SG Buckau-Fermersleben und danach bei der neugegründeten Sportgemeinschaft (SG) Dynamo. Im Jahr 1955, zu Zeiten, in denen Wasserball in Magdeburg so populär war wie Fußball oder Handball heutzutage und die Spiele hunderte Zuschauer an den Beckenrand lockten, übernahm Bastel hier das Traineramt - mit großem Erfolg. Unter seiner Leitung sollte die SG Serienmeister in der DDR werden - insgesamt 16 Mal holten die Magdeburger den Titel. International schafften es die Elbestädter sogar zum Vize-Europapokalsieg. In den Jahren 1966 und 1968 holten Bastels Männer zwei dritte Plätze an die Elbe.

Und als Cheftrainer der DDR-Wasserballnationalmannschaft gelang „Rolli“, wie ihn Freunde und Spieler nannten, mit dem Gewinn der Silbermedaille bei der Europameisterschaft 1966 in Utrecht sein größter Erfolg. Das war bis dahin einer Deutschen Mannschaft nur im Jahr 1931 gelungen. Allein sieben „Dynamos“ spielten in bei der EM 66 im Nationalteam und unterlagen im Finale nur knapp gegen die Mannen aus der Sowjetunion. Damit zählten die ostdeutschen Wasserballer zur absoluten Weltspitze.

© Archiv Lutz Koch

Dabei waren die Trainingsmöglichkeiten in Magdeburg eher bescheiden. Im Sommer trainierten die „Dynamos“ nämlich in der unbeheizten „Europakampfbahn“, einem Wasserballstadion neben dem Stadion „Neue Welt“. Danach wurden Länderspiele zwischen den großen Tribünen im Freibad an der Großen Diesdorfer Straße angepfiffen. Ab 1967 wurde dieses dann zur Schwimmhalle für die Wasserballer umgebaut. Ohne den Erfolgstrainer Rolf Bastel, der hier sozusagen das Amt es Bauleiters innehatte, wäre das nicht möglich gewesen.

„Rolli war für mich Freund, Respektperson, Kollege und auch eine Vaterfigur“, sagt Wolfgang Zein, der jahrelang erfolgreich unter Bastel spielte und siegte - und sich selbst einige Zeit als Trainer des Bundesligisten der „Wasserball Union Magdeburg“ (WUM) engagierte. „Er hatte die sprichwörtliche Hasenpfote in der Tasche, wusste also immer, die richtigen Leute zur richtigen Zeit einzusetzen. Rolli fand immer die richtigen Worte, um uns als Spieler zu motivieren“, erinnert sich der Weggefährte „Zeini“ weiter.

1968 hätte das Jahr des Triumphes werden können - doch für Rolf Bastel sollte es einen großen Bruch bedeuten. Die Nationalmannschaft fuhr als Favorit zu den Olympischen Spielen nach Mexiko, belegte jedoch „nur“ den sechsten Platz. Doch das sollte nicht die schwerste Niederlage bleiben.

Denn mit einem Federstrich wurde Wasserball neben weiteren Sportarten durch die DDR-Führung sozusagen abgeschafft - es gab keinerlei Förderungen mehr. Lukrative Angebote, als Trainer in anderen Ländern wie beispielsweise den USA oder Ägypten zu arbeiten, schlug Rolf Bastel aus. „Wir hatten sozusagen die Koffer schon gepackt“, erinnert sich Sohn Knut.

Doch blieb „Rolli“ dem Wassersport in Magdeburg und „seiner“ Schwimmhalle treu, wurde Leiter des Trainingszentrums „Schwimmen“ der SG Dynamo Magdeburg. Auch diese Trainingsstätte machte Rolf Bastel zu einem der erfolgreichsten Leistungsszentren der DDR. Später übernahm er die Leitung der Dynamo-Schwimmhalle.

Und er fand eine neue Liebe in Kirchmöser bei Brandenburg an der Havel. Hier waren er und seine Ehefrau Rose-Marie sowie Weggefährten des Wasserballs Mitbegründer eines neuen Vereins. Gemeinsam mit ihren Kindern bauten sie eine Laube und schafften sich ein Boot an. Fortan wurde Sport auch auf dem Wasser betrieben.

Doch Wasserball sollte ihn auch noch viele Jahre nach seinem Renteneintritt begleiten. Lange Zeit trainierte Bastel die „Alten Herren“ der SG Handwerk Magdeburg. Im Jahr 2000 gab die Trainerlegende mit mittlerweile 73 Jahren sogar ihr Comeback - bei den 8. Senioren-Weltmeisterschaften in München. Hier leitete „Rolli“ die 18 Wasserballer der SG Handwerk an. Sogar noch mit 80 Jahren stand Bastel als Coach am Beckenrand. Bis zum Schluss zählte er zu den größten privaten Förderern des Magdeburger Wasserballsports.

„Wir sind tief betroffen. Rolli war eine Institution, der den Wasserball insbesondere in Magdeburg über Jahrzehnte geprägt hat. Mit ihm verlieren wir einen Freund und Unterstützer des Vereins“, erklärt WUM-Vorstandsvorsitzender Detlef Klotzsch. Rolf Bastel werde „uns immer als ein großer Sportsmann, engagierter Trainer und guter Freund in Erinnerung bleiben. In Gedenken an ihn werden wir den Wasserballsport in Magdeburg weiterführen“.

Mit Stolz blickt seine Familie auf sein berufliches wie privates Lebenswerk zurück. Rolf Bastel hinterlässt eine Ehefrau, drei Kinder, acht Enkelkinder und sechs Urenkel. Alle sind dem Wassersport bis heute verbunden.

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