Bürger auf die Bühne

by

© Nilz Böhme

© Nilz Böhme

Es waren viele Fragen, auf die die Mitglieder des Bürger Ensembles des Theater Magdeburgs Anfang der vergangenen Spielzeit eine Antwort suchten. Was bewegt mich, was will ich? Viele von ihnen Schauspielanfänger und doch bereit, sich in den Bann der fantastischen Welt des Theaters ziehen zu lassen. Neun Monate später liegen Lesungen, Auftritte im öffentlichen Nahverkehr und auf der Leipziger Buchmesse hinter ihnen. Nun feierte vor kurzem das fragmentarische Stück "Was wir wollen" in der Inszenierung von Manuel Czerny auf der Studiobühne des Schauspielhauses seine Premiere. Es ist ein persönlicher Rückblick des Bürger Ensembles auf die Schauspielinszenierungen der vergangenen Spielzeit.

Reizvolles Ratespiel

Es herrscht Aufruhr auf der Studiobühne. Mitten zwischen den Sitzreihen wird das Publikum bereits vom Bürger Ensemble erwartet. Sie tragen gelbe Baustellenhelme, haben Walkie-Talkies. Man lauscht Arbeitsanweisungen. Kreuz und quer bahnen sich die einzelnen Mitglieder ihren Weg durch den Raum - ein geordnetes Chaos ist es. Zunächst wird nicht ganz klar, in welchem Zusammenhang diese Aufruhr steht. Bis ein Name fällt: Balla. Geübte Theatergänger wissen sofort, wer gemeint ist. Hah, der erste Verweis auf ein Stück der vergangenen Spielzeit: "Spur der Steine", allerdings bewusst überzeichnet. Die Stücke und die Erinnerungen des Bürger Ensembles sind die treibende Kraft von Czernys "Was wir wollen". Ein dünnes Band hält alle Verweise zusammen, manchmal leider so dünn, das es nicht sofort erkennbar wird. Die Fragmente sollte man stattdessen vielmehr für sich allein betrachten.

Das Spiel mit der Überraschung

 Der Möbelkauf von Alice und Dodgson zum Beispiel, das Bild bleibt im Gedächtnis. Die quengelnde Alice sitzt im Einkaufswagen und wird von Ziehvater Dodgsons durch ein Möbelhaus gefahren. Es macht Spaß Sarah Kowallik und Christoph Bruns dabeizuzuschauen. So gnatzig war Alice einfach noch nie. Nichts ist, wie wir es erwarten. Selbst vor dem Werther machen die Mitglieder des Bürger Ensembles nicht Halt. Lotte (Angela Kolodziej) ist offenbar Doktor der Psychologie und ringt mit sich, ob sie nicht Albert für Werther verlassen soll. Verkehrte Welt - allerdings im unterhaltsamen Zusammenspiel mit Werther (Elmar Walter), dem Lottes innerer Kampf irgendwie egal zu sein scheint.

Gedanken an die vergangene Spielzeit

Das Bühnengeschehen wird lediglich von zwei weißen Türen eingerahmt. Große Papierzettel verweisen auf die für das Bürger Ensemble markantesten Figuren der zurückliegenden Spielzeit und auf ihre eigenen Namen. Denn im Installationsraum vermischen sich Zitate der Stücke mit den Erinnerungen der Spieler aus den vergangenen neun Monaten. Es ist schon interessant. Wir begleiten durchweg eine Frau, die versucht einen Brief an die Schauspielhausdirektorin zu formulieren, um zu bitten, dass das Bürger Ensemble in der kommenden Spielzeit weitermachen kann. Erinnerung - man fragt sich, inwieweit es tatsächlich in Frage gestellt wurde. Eine Antwort gibt es nicht, stattdessen nur eine Lösung: Das Bürger Ensemble macht in der kommenden Spielzeit weiter. Dann stoßen vielleicht wieder neue Gesichter zur Gruppe dazu und setzen neue Impulse auf dem Weg zur eignen Theatersprache. Mit dem neuen Magdeburger Drama ist es ihnen gelungen ein Stück zu schaffen, das unterhaltsam ist und durch neue Ideen, Kontraste innerhalb der bekannten, klassischen Stücke schafft. Die Spieler jedenfalls haben Spaß, was sich auch auf das Publikum überträgt, auch wenn manche Szene Längen haben, die hätten durchaus knackiger gestaltet werden können.

Back to topbutton