Großer Fluss, kleine Wellen

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© Clive Barda

Manche Zuschauer misstrauen zeitgenössischer Musik, fürchten, keinen Zugang zu finden. Und so schrillen vielleicht bei dem einen oder anderen die Alarmglocken, wenn sie hören, dass die nächste Kammeropernproduktion des Theaters, „Der Prozess“ nach Franz Kafka von Philip Glass komponiert, erst im Oktober 2014 uraufgeführt wurde.

Dabei bietet Glass’ Musik schon beim ersten Hören einen direkten Zugang, nicht umsonst ist er einer der bedeutendsten Vertreter der Minimal Music und einer der populärsten zeitgenössischen Komponisten überhaupt. Sein musikalisches Schaffen reicht von Klavierkonzerten und Sinfonien über zahlreiche Opern bis zu Filmmusiken und Soundtracks, etwa von „The Truman Show“. Er gilt als einer, der ein Mehr-Generationen-Publikum für die Oper gewinnen kann. Darauf baut das Magdeburger Theater, zumal im Jahre 2010 Glass’ Kammeroper „Der Untergang des Hauses Usher“ auf der Studiobühne einen Publikumsrun verzeichnete.

Im Sog von Philip Glass' Musik

Und was Hermann Dukek, der den „Prozess“ dirigiert, über die Klangwelt des amerikanischen Komponisten erzählt, klingt interessant: „Die Musik ist eher undramatisch, sie verzichtet etwa auf markante Leitmotive. Sie fließt wie ein großer Fluss mit kleinen Wellen dahin und zieht den Zuhörer langsam in ihren Sog.“

Das passt perfekt zu Kafkas Erzählstil und dessen verstörender Geschichte des Josef K. Denn K. wird unausweichlich, wie in einem Albtraum, in eine nebulöse Gerichtsverhandlung gesogen. Aber Dukek versichert, dass das Stück neben der düsteren Seite auch über eine abstrus-humoristische verfügt.

Großer Erfolg in England

Und so war die Uraufführung in England bei Presse und Publikum ein großer Erfolg. Der soll sich nun in der Bördemetropole in besonderer Weise fortsetzen, wenn die Inszenierung der Uraufführung von Michael McCarthy ans hiesige Schauspielhaus kommt. Und der Bariton Johnny Herford singt wie bereits in London auch in Magdeburg den Josef K. Bühne und Kostüme sind die gleichen wie auf der Studiobühne des Royal Opera House Covent Garden, wurden sie doch nach Vorgaben des englischen Bühnenbildners Simon Banham in den Theaterwerkstätten an der Elbe hergestellt. Weshalb es dazu kam: Das Theater Magdeburg hatte sich bereits in den Entstehungsprozess der Oper eingeklinkt, denn die Oper „Der Prozess“ ist ein gemeinsames Auftragswerk mit dem Music Theatre Wales.

Auf der Bühne des Schauspielhauses findet nun die Deutsche Erstaufführung statt, auf Englisch mit deutschen Übertiteln. Und alle Beteiligten hoffen auf eine ähnliche Begeisterung bei Zuschauern und Medien wie in der britischen Hauptstadt.

Philip Glass „Der Prozess“, Premiere 2. April, 19.30 Uhr, Schauspielhaus; weitere Termine

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