Eine gewisse Opulenz

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© Nilz Böhme

In der Operette wird bekanntlich nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird. Carl Millöckers berühmter „Bettelstudent“ spielt zwar 1704 in Krakau vor dem Hintergrund des Befreiungskampfes Polens gegen Sachsen, aber zum einen strotzt der Plot von historischen Ungenauigkeiten, wie Dramaturgin Larissa Wieczorek zu berichten weiß. Zum anderen beabsichtigt Regisseur Nico Rabenald natürlich kein Freiheitsdrama zu zeigen.

„Der ‚Bettelstudent‘ ist kein politisches Stück. Es geht um eine gesellschaftlich-politische Intrige und um die Liebe“, sagt er. Ihn interessiert an der Geschichte anderes: Da ist die verarmte adlige Familie, die um einer reichen Heirat willen vorspielt, begütert zu sein. Da sind die beiden Gefängnisinsassen Symon und Jan, die Bettelstudenten, die vorspielen, wohlhabende Fürsten zu sein. Jan wiederum täuscht den armen Student nur vor, ist aber tatsächlich ein polnischer Graf, unterwegs in patriotischem Auftrag. „Ständig schlüpfen die Figuren, freiwillig oder gezwungener Maßen in eine andere Identität. Sie spielen anderen etwas vor und wenn kein Publikum da ist, auch sich selbst. Es ist ein Spiel mit den Absurditäten der Situation. Nichts ist so, wie es am Anfang scheint“, erzählt Rabenald.

Auch optisch legt sich der Regisseur entsprechend nicht aufs Historische fest. „Die bunten, detailverliebten Kostüme von Karin Alberti, im Stil der 30er bis 50er Jahre, werden eine echte Attraktion sein“, schwärmt Frau Wieczorek. „Operette braucht eine gewisse Opulenz“, bekräftigt Nico Rabenald. „Sie muss Spaß machen und Witz haben.“ Dazu gehört für ihn auch der Gebrauch von Ironie. „Was ist das denn sonst, wenn hämisch gesungen wird: ‚Er hat sie ja nur auf die Schulter geküsst!‘ Der Chor spiegelt und kommentiert jegliche Situation. Die Gefühle, die er ausdrückt, sind keines Falls 1:1 zu nehmen.“ So sieht Rabenald auch das hurrapatriotische Duett Jan / Symon im 2. Akt. Im Gegensatz zu sonstigen Gepflogenheiten setzt Rabenald hier deshalb nicht den Rotstift an:  „Tot, aber glücklich. Das ist heftig! Der pure Sarkasmus!“

Übrigens erwartet die Zuschauer noch eine weitere Überraschung: Den Ollendorf singt mit Manfred Wulfert nämlich ein Tenor und nicht wie sonst oft ein Bass. Das entspricht der Urfassung von Millöcker. Es gibt eben selbst in einem Werk, das seit 1882 auf den Spielplänen steht, noch Neues zu entdecken! 

Carl Millöcker: Der Bettelstudent, Premiere: 3. Mai, 19.30 Uhr, Opernhaus

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