Faisal Kawusi: „Bei mir kann alles passieren“

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© Guido Schröder

Was machst du als Deutscher mit afghanischen Wurzeln? Witze! Klassenclown war Faisal Kawusi schon in der Schule, nun ist das Publikum deutlich größer geworden und er noch gnadenloser. Über die Vorfälle in Chemnitz witzelt er auf Facebook. „An alle dicken Ausländer, wenn ihr abnehmen wollt, geht nach Chemnitz.“ Was für ein Schlag ins Gesicht! Doch dahinter steckt eine Lebensphilosophie. Natürlich würden Missstände ihn auch belasten, der Humor helfe damit umzugehen. Kawusis Humor zeichnet sich also durch eine Doppelbödigkeit aus, brutaler Sarkasmus als Anklage der bestehenden Missstände. Selbstironie kann Kawusi auch, witzelt immer mal gerne über seine kräftige Statur und seine Wurzeln. Wie beweglich er ist, bewies er kürzlich in der TV-Sendung „Let's Dance“. Mit seiner Art kam er da beim Publikum unglaublich gut an, kürzlich startete seine erste Sendung „Die Faisal Kawusi Show“ auf Sat1. Als Sidekick von Luke Mockridge bringt er die Lachmuskeln der Zuschauer auch an ihre Grenzen.

Tanzen wirst du auf der Bühne wie bei Let's Dance nicht. Aber sag mal, gibst du dich für alles her? Nein, definitiv nicht. Ich mache solche Shows nur, wenn ich sie cool finde. Was die meisten Leute ja gar nicht wissen, von 10 Anfragen die ich bekomme, sage ich acht ab. Es gibt Shows, bei denen ich niemals mitmachen würde. Das Dschungelcamp zum Beispiel. Selbst wenn ich eine halbe Million Euro Schulden beim Finanzamt hätte, würde mir niemals einfallen in den Dschungel zu gehen. Dafür glaube ich zu sehr an mich und mache mir lieber ein paar sinnvolle Freunde im Kanst.

Der Vergleich ist sehr gewagt. Aber dafür bist du ja bekannt. Und wenn dann ein Shitstorm in den sozialen Netzwerken kommt...… reagier ich nicht darauf. Es geht so schnell, dass sich Menschen, auch aufgrund eines Artikels ein Urteil bilden. Sorry, das kann ich nicht ernst nehmen. Ich lese mir das natürlich durch und mache mir meine Gedanken dazu. Aber bei den meisten Sachen reagiere ich nicht darauf, weil es die Sache nicht besser macht. Darauf verschwende ich meine Zeit und Energie nicht.

Nun hast du afghanische Wurzeln. Ist es dir wichtig bei deinen Programmen politisch zu sein? Bülent Ceylan gibt zum Beispiel nun den Klischee-Türken. Da muss jeder seinen eigenen Stil finden. Ich mag es, politische Statements abzugeben, weil ich Haltung zeigen möchte. Damit verbundene Konflikte scheue ich nicht.

Ist „Migrationshintergrund“ ein Problemwort für dich? Nö, überhaupt nicht. Die Menschen fokussieren sich viel zu sehr auf einzelne Worte. Für mich haben Taten viel mehr Bedeutung. Ganz ehrlich, wer mich und meine Kultur respektvoll und nett behandelt, der darf auch Kanake zu mir sagen.

Erzähl mal! Es gibt ganz andere Probleme, mit denen ich als Afghane konfrontiert wäre, wenn ich nicht der bekannte Komiker wäre. Da sollte man seine Energie nicht für solche Wortdiskussionen verschwenden.

Zum Beispiel? Angenommen, ich will eine Wohnung mieten, habe ich wegen meines Namens Schwierigkeiten. Oder wenn ich eine Freundin habe und ich stelle mich ihren Eltern vor bin ich mit Vorurteilen konfrontiert. 

Von Dessau hast du sicher gehört. Der Auftritt der Band „Feine Sahne Fischfilet“ im Bauhaus abgesagt, weil rechte Gruppierungen im Netz zu Protesten aufgerufen hatten. Wie siehst du die Situation als Künstler? Eine Veranstaltung abzusagen, weil es rechte Gegenproteste geben kann, ist das falsche Signal. Wir müssen uns den Rechten entgegenstellen und zeigen, dass wir keine Angst haben. Wir müssen mit Frieden, Kunst und Liebe auf Gewalt antworten. Ehrlich gesagt, hätte ich das früher mitbekommen, hätte ich mich auf die Bühne gestellt. Zur Kunst gehört auch Furchtlosigkeit und für seine Werte einzustehen. Da muss ein Künstler auch Haltung zeigen, sonst ist er nur ein Geschäftsmann, der Kohle machen will. Du merkst, in mir ist die Leidenschaft erwacht.

Ist doch schön! Eine solche Veranstaltung muss von Polizisten abgesichert werden. Vielleicht war die Angst da, dass Polizisten mit rechter Gesinnung, anderen Rechten Vorteile verschaffen würden. Das es unter Polizisten auch Rechte gibt, wissen wir alle, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren.

Natürlich, aber du verallgemeinerst gerade. Richtig. Es gibt auch viele Polizisten, die anständig sind und sehr, sehr gute Arbeit leisten..

Das klingt als hättest du Rassismus-Erfahrungen gemacht. Tatsächlich war das einmal in Magdeburg der Fall. Da haben wir hinter einem Sprinter gehalten, der mit einem Reichsadler beklebt war. In Frankfurt am Main wäre der so nicht lange rumgefahren.

Und was kannst du uns zu deiner Show sagen? Es wird spontan und sehr lebendig – ich sehe alles, ich höre alles, ich reagiere nicht auf alles, aber auf soviel, dass man einen schönen lustigen Abend hat. Bei mir kann alles passieren.

Das kann ich mir vorstellen, vielen Dank für das Gespräch.

Zur Veranstaltung: Faisal Kawusi, 3.11.

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