Lock(en)ruf des Friedens: Hair auf dem Domplatz

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© Sven Rosig

Vielleicht funktioniert Hellsehen ja so: Man plant ein Musicalfest und möchte damit den Nerv des Publikums treffen. Und trifft unbarmherzig exakt und künstlerisch ambitioniert den Nerv unserer Zeit. Das ist dem Theater Magdeburg gelungen. Kriege toben, Menschen sterben, der Staat braucht wieder Soldaten in fernen Ländern, Individuen machen sich Gedanken über den Sinn des Lebens in der Konsumwelt - und das Domplatz Open Air lockt lockig mit "Hair". Das Werk steht wie kaum ein anderes als ebenso ernstes wie unterhaltsames künstlerisches Manifest gegen Krieg, Rassismus, die Allmachtsansprüche des Staates und die Schrecken der Vermassung.

Der Cast ist prominent

Wie in den letzten Jahren schon, als u.a. Stars wie Dominik Hees, Lucy Diakovska, Tobias Regner oder Ethan Freeman engagiert wurden, ist der Cast prominent. Für die Figur des Berger konnte der als stimmintensiver Rockmusiker bekannt gewordene Gil Ofarim gewonnen werden. "Ich fühle mich geehrt, dass mir dieses große Ding gegeben wird. Ich kann kaum erwarten, dass es losgeht. Und ich freue mich darauf, Magdeburg noch besser kennenzulernen", sagt Ofarim. Den "Claude" verkörpert Jan Reskeszus, als Finalist beim Bundeswettbewerb für Gesang 2015 ein Newcomer und dennoch schon einer mit reichlich Bühnenerfahrung. Seine Mutter ist Amerikanerin und erzählte ihm, wie viele ihrer Mitstudenten im Vietnamkrieg, der auch "Hair" prägt, viel zu früh starben. Weitere Stimmen im Ensemble: Andreas Bongard, Beatrice Reece, Ana Milva Gomes, Nedime Ince und nicht zuletzt Christina Patten. Auf der Bühne werden sie nicht nur von Rockmusik flankiert, sondern zusätzlich von sattem Orchestersound.

Türme der Macht

Die Premiere am 17. Juni 2016 wird vor sinniger Kulisse starten: Bühnenbildner Jens Kilian lässt die Baustelle des alten World Trade Centers im Baustellenstadium wiederentstehen. Denn das später an 9/11 zerstörte Sinnbild des westlichen Finanzimperialismus wurde in den frühen Siebzigern errichtet, ebenso Entstehungszeit des Hippie-Musicals Hair. "Es verkörpert auch den Geist der damaligen US-Gesellschaft", sagt Dramaturg Thomas Schmidt-Ehrenberg. Genau vor diesem Macht-Turm im Aufbau werden die fein gezeichneten Charaktere der Hippie-Gruppe ihr Lager aufschlagen.

Dafür, dass die Inszenierung temporeich und einprägsam wird, steht schon der Name des jungen Regisseurs: Erik Petersen wuchs nicht nur einst in Magdeburg auf, sondern bescherte seiner Heimatstadt mit der Inszenierung der Slapstick-Komödie "Crazy For You" zuletzt einen weit über die Stadtgrenzen hinaus beachteten Bühnenerfolg.

Premiere-Hair: 17. Juni, 21 Uhr, Domplatz, Karten ab 24 EUR, www.theater-magdeburg.de

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