Jogis Eleven: Christian Schiffer ist der Mann mit 114 Stimmen

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© Arnd Cremer

Im Netz findet man zwei Christian Schiffer, einer ist Lehramtsstudent und einer ausgebildeter Journalist. Welcher bist du? Darauf werde ich gerne angesprochen. Die Presse schrieb schon einmal nach meinen Auftritten „der studierte Journalist“. Daran kann ich mich nicht erinnern. Ich bin der mit dem Lehramtsstudium.

Ist man als Lehrer für die Bühne gemacht? Ich glaube ja. Thomas Gottschalk war wie auch Dieter Nuhr auf dem Weg Lehrer zu werden. Da gibt es noch einige Beispiele aus dem Kabarettbereich. Ich glaube, das ist ein Beruf, der nah am Bühnenkünstler ist. Man muss immer wieder mit neuem Material kommen, um ein Publikum zu begeistern, das nicht weg kann. Das ist das schöne am Lehrersein (lacht). Ansonsten hat es allerdings nicht viel miteinander zu tun.

Die Abiphase war der Start für deine Karriere?Nein, das war schon früher. Mit sechs Jahren hab ich das erste Mal gemerkt, dass ich andere Menschen nachquatschen kann.

Mit sechs? Genau. Der erste Mensch, den ich nachmachen konnte war Helmut Kohl, ohne dass ich wusste, wie Imitation geht. Ich habe ihn damals im Fernsehen reden hören. Meine Eltern haben vermutlich gebetet, dass das nach dem Stimmbruch nicht weitergeht.

Tja...und es ging weiter. Genau. Nach dem Stimmbruch war meine Stimme nicht besonders hoch und tief. Das ist natürlich perfekt, um sie in beide Richtungen zu verändern. Ich bin also drangeblieben und habe einen Promi nach dem anderen nachgemacht. Ohne zu wissen, was man damit macht.

Da kann man sicher viele Späße treiben. Ich habe mal als Stimme von Boris Becker in einem Sportgeschäft angerufen und brauchte unbedingt einen neuen Tennisschläger. Die Leuten vor Ort haben das scheinbar geglaubt. Ich habe gemerkt, wie das Telefon plötzlich auf laut gestellt wurde.

Wie bist du bei 1Live mit den „Global Geissens“ gelandet? Ich hab zu dem Zeitpunkt für eine Kölner Produktionsfirma angefangen eine Fußball-Comedy einzusprechen. Das war aber noch nicht Jogi, sondern so ein Vorläufer davon. Der Geiss kam darin als Gast vor. 1Live brachte die Idee für ein Spinoff zu den Geissens ins Gespräch. Der ist für jemanden aus dem Kölner Umland einfach nachzumachen.

Stichwort: Dialekte. Da überkommt es mich auch, sie nachzumachen. Ja, das hab ich auch. Ich war für den ersten Tourblock vier Tage in Niedersachsen und fand diesen Singsang wieder so schön, dass ich das nach ein paar Tagen auch wieder drin hatte. Ich hoffe, dass sie sich nicht verarscht vorkommen. Das ist tatsächlich meine Form von Anerkennung.

Gibt es einen Dialekt, den du besonders schwer findest nachzumachen? Ich fand schwäbisch schwierig, weil es unheimlich viele spezielle Ausdrücke hat. Bayerisch aber auch. Die Bayern verstehen wirklich keinen Spaß bei ihrem Dialekt. Alle anderen goutieren das, wenn man ihren Dialekt übernimmt. Aber die Bayern beschweren sich im Nachhinein, wie zum Beispiel: „Der Uli Hoeneß, der kommt ja aus Ulm. Der rollt das „r“ ja ganz anders.“

Welche Beziehung hast du zu deiner Stimme? Ich habe eine besondere. Deswegen imitiere ich auch in meiner Freizeit Stimmen. Da kommt es vor, dass ich durch meine Wohnung laufe, irgendwo gegen stoße und mich in der Stimme aufrege, die mir in dem Augenblick einfällt.

Wie viele Stimmen hast du in deinem Repertoire? Mittlerweile sind es 114.

Warum weiß man das so genau? Ich weiß das ganz genau, weil ich einmal im Monat die komplette Liste durchgehe und mich frage, ob ich noch alle kann. Es ist auch wichtig, dass die Stimmen noch aktuell sind. Politiker weniger, aber Komiker zum Beispiel. Ich mache zum Beispiel sehr gerne meine eigenen Kollegen nach. Das nehmen die mit gemischter Begeisterung auf.

Wie eignest du dir die Stimmen an? Grundvoraussetzung ist, das mich die Stimme beim Nachplappern anspricht. Dann schau ich mir bei YouTube Videos zu der Person an. Im Übrigen ist YouTube für mich die beste Erfindung überhaupt. Du gibst den Namen der Person plus Emotion ein und bekommst das dann auch. Das ist für mich Gold wert. Nach den ersten paar Tagen kann ich sagen, ob ich diese Person imitieren kann oder aufgeben muss.

An wem bist du gescheitert? Günther Jauch, ich treffe ihn stimmlich nicht. Am Anfang war ich frustriert, weil ich mir dachte: Das kann doch nicht sein, dass du sämtliche Menschen nachmachen kannst und daran scheiterst. Wenn es in Feinheiten geht, wird es komplexer und der Jauch hat zum Beispiel keinen richtigen Dialekt. Das ist das Problem, weil er schon so lange in den Medien ist. Er hat natürlich beim Radio eine Spracherziehung gemacht. Das ist für einen Imitator immer wieder schwer. Irgendwas hat der Jauch allerdings, weil Michael Kessler von Switch macht ihn super nach.

Stimmimitatoren gibt’s in Deutschland nicht so viele neben dir. Tauscht man sich da aus? Jörg Knörr habe ich 2010 kennengelernt. Da bin ich in einem ganz kleinen Theater in Köln aufgetreten. Auf einmal kommt Jörg Knörr rein, das werde ich nie vergessen. Ich hatte den von weitem schon gesehen. Er hatte von meinem Auftritt in der Zeitung gelesen. Er wollte das unbedingt sehen, weil ihn neue Stimmenimitatoren interessieren.

So zurück zum Fußball, Mark Forster war EM-Livereporter für die ARD und das ZDF. Wäre das auch etwas für dich? Das würde ich mit Freude annehmen. Als Fake-Bundestrainer durch die laufende WM zu führen. Ich glaube, das ist das Maximum, was du als Parodist herausholen kannst.

Zur Veranstaltung: Jogis Eleven, 1.2.

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