Labyrinth der Emotionen

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© Thomas Puschmann

Es ist Dunkel, ein rotleuchtendes Schild die einzige Lichtquelle im eher kleinen Zellenabschnitt der ehemaligen JVA. Man sieht ihre Umrisse, ansonsten verschwinden sie vollkommen in der unendlichen Dunkelheit: die vier Darsteller von Stefan Prochnows Kafka-Inszenierung  "Der Bau".

Die Erzählung "Der Bau" gehört zu Franz Kafkas unvollständigen Hinterlassenschaften, im Mittelpunkt steht ein Ich-Erzähler, ein Tier, das sich von der Zivilisation zurückziehen will und einen Bau errichtet. Der Plot wird mit der zwanghaften Optimierung der Behausung zum Schutz vor Feinden immer weiter vorangetrieben. Das Tier verstrickt sich immer mehr in Paranoia. Jede noch so kleine Veränderung wird genau erfasst, ein Klopfen auf verschiedene Ursachen untersucht.

Farbenspiele in der Dunkelheit

Das Animalische, es ist bei Prochnows Inszenierung allseits präsent - in den Bewegungen der Darsteller und in ihren Gesichter. Sie tippeln, sie krabbeln und sie kratzen. Sonst ist alles still. Ein bedrückendes Gefühl entsteht. Schwarze Formen umrahmen die Augen der Spieler, die durch die spärliche Taschenlampenbeleuchtung noch vielmehr in den Vordergrund rücken. Ja, es sind grüne und blaue Augen, von denen man, wie von einem Tier aus der Dunkelheit, angestarrt wird. Die Beleuchtung der Inszenierung wird vollkommen von den Darstellern mit ihren farbigen Taschenlampen getragen. Je weiter die Paranoia des Ich-Erzählers voranschreitet, desto farbiger und bedrohlicher wird das Licht, es ist mehr als nur die spärliche weiße Gangbeleuchtung. Grün und rot werden immer mehr ins Spielgeschehen eingestreut.

Ein Monolog für vier Spieler

Die Idee mit vier Darstellern bei einem monologischen Text zu arbeiten, ist geschickt. Die innere Entwicklung des Ich-Erzählers kann dadurch noch viel intensiver dargestellt werden: Das Tier in verschiedenen Momenten. Es gibt Szenenwechsel auf noch so kleinstem Raum - das innere Zwiegespräch des Tieres wird greifbarer. Trotzdem, es fehlte etwas. Vielleicht war auch etwas zu viel - Die Illusion des Baus ist da, aber nicht so sehr, dass der laufende, laute Ausstellungsbetrieb in den Hintergrund rückt. Ja, es hätten die Klopfgeräusche sein können, denen das Tier so akribisch nachforscht und doch bleiben es Stimmen, welche für einen kurzen Moment wieder ins Gedächtnis rufen, wo man sich gerade befindet. Im Bau, allerdings in keinem unterirdischen Labyrinth, sondern in der ehemaligen Justizvollzugsanstalt.

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