Kein Raum für Moral

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© Nilz Böhme

Die Albanerin Lorna möchte mit ihrem Freund Sokol eine Snackbar in Belgien eröffnen. Für den nötigen belgischen Pass und das Startkapital lässt sie sich auf eine Scheinheirat mit dem belgischen Junkie Claudy ein. Der wird in absehbarer Zeit wegen seiner Drogensucht sowieso draufgehen, so das Kalkül, damit Lorna sich durch eine weitere Scheinehe mit einem Finanzkräftigen Russen das nötige Geld „verdient“.Doch der Plan geht nicht auf, Claudy will plötzlich clean werden, der Russe hingegen wird ungeduldig.Das Drehbuch erhielt 2008 die „Goldene Palme“ bei den Filmfestspielen in Cannes. Jetzt hat sich das Theater Magdeburg der Dialoge der deutschen Synchronfassung angenommen und bringt „Lornas Schweigen“ der Filmbrüder Jean-Pierre und Luc Dardenne als Uraufführung im Studio des Schauspielhauses zur Premiere.

Der Film der belgischen Filmemacher erzählt Lornas Geschichte in ruhigen, unsentimentalen, fast dokumentarischen Bildern, und doch wird der Zuschauer wie durch einen Sog an das Geschehen gefesselt. „Die Folgerichtigkeit und nüchterne Logik, nahezu Zwangsläufigkeit der Geschehnisse machen den Film für den Zuschauer so brutal“, beschreibt Regisseurin Uta Koschel ihre Eindrücke des Streifens. Moralische Überlegungen haben darin keinen Raum, im Gegenteil: Beim Zuschauer stellt sich die Frage, ob man sich Menschlichkeit in einer derart durchökonomisierten Welt überhaupt noch leisten kann. Die antiken Züge der Geschichte, die das geballte Schicksal auf eine einzige Person prallen lassen, sind es auch, die die Theatermacher an der Umsetzung des Films auf der Bühne interessieren. Dabei geht es weniger um ein Anprangern der brutalen Bedingungen innerhalb eines sich abschottenden Europas, sondern darum, wie sich Menschen unabhängig von dem Milieu, in dem sie leben, in bestimmten Extremsituationen verhalten.

Immerhin: Der Unterschied zum antiken Drama besteht darin, dass die Filmfiguren bei den Dardennes immer eine Möglichkeit haben, sich für einen Weg zu entscheiden. Die Tendenz, dass immer mehr Filmstoffe auf die Bühne kommen, sieht Uta Koschel vor allem darin begründet, dass diese eine gute Möglichkeit bieten, zeitgenössische Themen au_ die Bühne zu bringen. „Es geht immer um die starke Geschichte, niemals darum, einen Film eins zu eins umzusetzen“, so Koschel, die au_ keinen Fall Filmsets auf der Bühne nachzubauen gedenkt.

Regisseurin Uta Koschel bringt mit der Uraufführung „Lornas Schweigen“ ihre erste Nicht-Komödie auf die Magdeburger Bühne. Beim Publikum sorgte sie bislang mit „Die Olsenbande“ und „Noch ist Polen nicht verloren“ für Begeisterung. In der Hauptrolle der Albanerin Lorna ist in Magdeburg übrigens Lena Sophie Vix zu erleben.

Aktuelle Termine: "Lornas Schweigen"

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