Zwischen den Welten

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© Wenzel Oschington

Im Süden ist die Welt zu Ende, zumindest in der Buckauer Südstraße. Dort trennt eine dünne  Ziegelmauer Zivilisation von postindustrieller Wildnis. Genau an dieser Grenze lebt Anne Rose Bekker. Ihre Atelierwohnung ist erdverbunden, ein wenig verwinkelt. „Ich wohne ja eigentlich in Wanzer, weit im Norden von Sachsen-Anhalt“, verrät die 1959 in Magdeburg geborene Künstlerin. Es sei Zufall gewesen, dass sie Anfang der neunziger Jahre dort ein kleines Fachwerkhaus für sich fand. So pendelt sie zwischen dem winzigen Dorf und der Großstadt. Zunächst war ein Atelier in den Tessenowgaragen ihr urbaner Anker, von 2002 bis 2012. Es sei zwar schön auf dem Land, aber „ich merkte, dass ich das Leben in der Stadt brauche“.

In ihren Arbeiten sucht man jedoch vergeblich nach der vermeintlich heilen Welt im Grünen. Vielmehr überlagern sich immer wieder unterschiedliche Materialien, Zeiten und Kulturen, Fotografisches mischt sich mit Gedrucktem, Gefundenes mit Persönlichem, Archaisches tanzt mit Poesie um Postmodernes oder Alltägliches. Vor allem lässt sie sich nicht festlegen, vor keinem Material macht sie halt. Ihre Arbeiten wissen zu überraschen, manchmal zu irritieren, sie lassen einen innehalten in schnelllebiger Zeit. Das zeigen auch die Werke in ihrer neuen Ausstellung, zum Beispiel die „Multiplen Mutanten“ oder „Netzwerk“. In letzterem erscheinen die kleinen Köpfe wie gefangen. Oder sind die labyrinthischen Windungen Kabel, in denen das Internet lebt, eine virtuelle Heimat, aus der es kaum noch ein Entkommen gibt? „Dieses Bild wollte ich eigentlich so nicht malen.“ Es habe sich sozusagen selbst gemalt und sie dabei bis in die Träume verfolgt, beschreibt Anne Rose Bekker den mühevollen Weg zu einem der faszinierendsten Werke der Exposition. Deren Titel, „Charivari“, steht für Durcheinander, Verrücktheit und ist zugleich Erinnerung an die Kindheit, an den Wort-Schatz der Großmutter.

Charivari, Anne Rose Bekker, Galerie Himmelreich, 1.-24. April, Eröffnung am 31. März, 19 Uhr

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