Alden Ehrenreich: “Der Film ist ein echter Lottogewinn”

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Der neue „Star Wars“-Ableger „Solo: A Star Wars Story“ erzählt die Geschichte des jungen Han Solo, der in den bisherigen Filmen und damit in fortgeschrittenem Alter von Harrison Ford verkörpert wurde. Die schwierige Aufgabe, das Fundament einer ikonischen Rolle zu legen, ging an den amerikanischen Schauspieler Alden Ehrenreich. Wir trafen den 28-jährigen Alden Ehrenreich in Berlin zum Gespräch.


Herr Ehrenreich, erinnern Sie sich an Ihre erste Reaktion, als man Sie anrief und Sie die Rolle hatten? Oh ja! Ich rief andauernd: „Heilige Kuh!“. Nur statt „Kuh“ etwas anderes. Ich schnitt gerade einen Kurzfilm, als der Anruf kam. Ich war völlig aufgelöst und konnte es gar nicht fassen.

Han Solo zählt zu den größten Filmhelden überhaupt. Wie hat es sich angefühlt, in die Haut einer Legende zu schlüpfen? Wenn man den Zuschlag bekommen hat, verfällt man kurz in Panik. Und dann ist es deine Aufgabe, nicht über all die Erwartungen nachzudenken, die mit dieser beliebten Rolle verbunden sind. Man konzentriert sich auf diese Person als eine Person. Hans größte Qualitäten sind seine Menschlichkeit und seine Fehlbarkeit. Ich durfte ihn nicht in einen goldenen Schrein stellen, um dann zu versuchen, an ihn heranzureichen. Ich musste ihn verstehen, seine inneren Kämpfe und die Ziele, die er verfolgt.   

Inwiefern mussten Sie um die Rolle kämpfen? Ich hatte sechs Vorsprechen innerhalb von sechs Monaten. Ich habe zehn oder elf Szenen vorgespielt, die nicht Eingang ins Drehbuch gefunden hatten, sich aber in abgewandelter Form für Casting-Zwecke eigneten. Niemand hat mir je verraten, warum ausgerechnet ich den Zuschlag erhalten habe. Es wurde einmal gemunkelt, dass es dreitausend Bewerber gab. Andere haben dem widersprochen. Ich weiß es nicht.

War es Ihre Aufgabe, einen neuen Charakter zu schaffen oder mussten Sie auch Harrison Fords Filmfigur bis zu einem gewissen Grade imitieren? Es war eine Kombination. Man trifft Han Solo in einer anderen Periode seines Lebens. Er sollte sich dementsprechend auch anders anfühlen. Eine Filmfigur muss sich lebendig anfühlen und einzigartig sein. Was sie tut, muss real wirken. Trotzdem musste auch eine Kontinuität der Rolle hergestellt werden. Man muss glauben können, dass dieser junge Mann einmal zu jenem Han Solo heranreift, den Harrison Ford verkörpert. Die Aufgabe ging an Lawrence und Jon Kasdan, die das Drehbuch schrieben. Sie sind in die Welt von „Star Wars“ eingetaucht, in die Atmosphäre, die Sprache, den Humor. Ihr Lieblingscharakter war immer Han. Sie haben sichergestellt, dass der neue Film mit den anderen harmoniert.        

Wieviel Alden steckt jetzt in Han? Nach der langen Drehzeit steckt wohl mehr von ihm in mir. Es gibt einige Parallelen und viele Unterschiede. Han ist ungestümer als ich. Und ein bisschen überheblicher.

Ging von der Tatsache, nicht viel über Hans Vergangenheit zu wissen, nicht auch ein gewisser Reiz aus? Unser Film ist wie die Filmbiografie eines fiktionalen Charakters. Man sieht nicht nur dabei zu, wie Hans Beziehungen, mit denen wir alle vertraut sind, ihren Anfang nehmen. Man wird auch Zeuge, wie er sich als Charakter entwickelt. Man lernt ihn zunächst als einen anderen kennen. Erst die Aufgaben, denen er sich im Verlauf der Geschichte stellen muss, formen ihn letztendlich zu dem Han, den wir kennen und lieben.

Haben Sie Harrison Ford persönlich getroffen? Ja. Ich würde Ihnen jetzt gern erzählen, dass wir uns drei Monate lang täglich gesehen haben und er mich trainiert hat. Aber das ist nicht wahr. Ich habe einmal mit ihm zu Mittag gegessen. Das war mir wichtig. Es hätte sich falsch angefühlt, diese Rolle zu übernehmen, ohne einen Kontakt herzustellen. Harrison Ford hat mir Mut gemacht und stand voll hinter dem Film. Wir haben uns über seine Karriere unterhalten und über den Weg, den er genommen hat. Er ist ein großer, ikonischer Filmstar. Ich wusste es sehr zu schätzen, dass er sich diese Zeit für mich genommen hat.

Was bedeutet Ihnen Star Wars persönlich? Als Kind war ich ein großer Fan, ich hatte alle Actionfiguren. Ich habe mir die Filme angeschaut und sie dann nachgespielt. Deshalb hat es sich wohl umso surrealer angefühlt, als ich zum ersten Mal unter dem echten Millennium Falcon stand. Es kam mir so bekannt vor, weil ich es schon als Kind gespielt hatte. Ich habe nur ein weiteres Mal so getan, als ob. Diese Filme sind wahrgewordene Kinderträume mit Raumschiffen, Aliens und anderen Welten.    

Bislang kannte man Sie nur aus Independent-Produktionen. Waren Sie trotzdem immer offen für Blockbuster? Ich habe einen Film namens „Beautiful Creatures – Eine unsterbliche Liebe“ gemacht, der durchaus eine größere Studioproduktion war. Ich entscheide mich für einen Film, wenn mich der Regisseur und die Rolle interessieren. Bislang haben mich typischerweise Charaktere stärker angesprochen, wie sie in kleineren Filmen vorkommen. Aber ich habe mich nicht auf das Independent-Kino eingeschworen. Dieser Film hier ist ein echter Lottogewinn. Es ist ein großer Film, aber in seinem Mittelpunkt steht ein starker Charakter. Ich muss nicht die ganze Zeit über mit einer Maske herumlaufen. Die Rolle verlangte mir vieles ab und machte großen Spaß.

Während der Dreharbeiten wurden die Regisseure Phil Lord und Christopher Miller durch Ron Howard ersetzt. Wie hat sich das angefühlt? Phil und Chris haben mich gecastet, ich mag sie sehr. Die Arbeit mit ihnen war sehr angenehm. Sie haben in der Presse geäußert, dass sich ihre kreative Vision von der Geschichte zu stark von der des Studios unterschied. Ich war nie in Hinterzimmern zugegen und kann nichts dazu sagen. Als durchsickerte, dass Ron übernehmen würde, reagierten alle enthusiastisch. Er ist ein großartiger Filmemacher mit ansteckender Leidenschaft. Er kann sich nicht nur mit dem Arbeitsprozess eines Darstellers identifizieren, er weiß auch die psychologischen Knackpunkte eines Momentes richtig einzuschätzen. Ein wunderbarer Anführer.

Welcher ist Ihr Lieblingscharakter aus Star Wars? Yoda! Ich mag seine Weisheit. Er ist ein sehr witziger Charakter, aber die Dinge, die er zu sagen hat, haben Tiefe. Sie verpacken tiefgründige, philosophische Ideen in einfache Worte. Eine solche Figur in einem amerikanischen Mainstreamfilm ist schon etwas sehr Besonderes.

Haben Sie sich selbst jemals als Schmuggler betätigt? Das könnte ich nicht sagen. (lacht) Ich kenne die deutschen Gesetze nicht.

Sind Sie ein Rebell oder eher jemand, der sich anpasst? Um ehrlich zu sein, passt mir keiner der Schuhe. Ich schubse niemanden einfach aus meinem Weg. Aber die beruflichen Entscheidungen, die ich treffe oder wie ich mein Leben lebe, handhabe ich so, wie ich es will. Das Leben ist zu kurz.

Man findet Sie nicht auf Instagram und Co. Ich bediene die sozialen Medien nicht. Es hat mich noch niemand darum gebeten, mich dort einzubringen. Ich würde es auch nicht machen. Verstehen Sie mich nicht falsch, diese Dinge sind großartig für Menschen, die so etwas mögen. Zweifellos haben sie unsere Welt verändert. Menschen haben plötzlich eine Stimme, das ist erstaunlich. Ich selbst kann aber keinerlei Interesse dafür aufbringen.  

Welche Filme haben auf Sie als Kind einen großen Eindruck hinterlassen? Sehr viele. Ich hatte auch eine Videokassette von „Butch Cassidy and the Sundance Kid“, die ich mir unendlich oft angeschaut habe. Tatsächlich hat „Solo: A Star Wars Story“ mehr Parallelen zu diesem Klassiker als irgendein anderer Film. Ich habe mir diese Streifen angeschaut und nachgemacht, was die Leute auf dem Bildschirm taten.

Verstehen Sie es, wenn Leute Ihr Autogramm möchten? Ja. Als Kind hatte ich ein kleines Autogrammbuch. Als ich zehn war, bin ich ins Kino gegangen, um mir „Star Wars – Episode 1“ anzuschauen. Es war eine Vorpremiere. Ich dachte, ich gehe auf eine Premiere mit berühmten Menschen. Das war nicht der Fall. Die einzige bekannte Person, die ich entdeckte, war Shaquille O’Neal (Anm.: Basketballspieler, Schauspieler und Rapper). Ich hatte mein Autogrammbuch dabei und holte mir eine Unterschrift. Das haben andere Kids mitbekommen. Ich musste ihnen auch ein Stück Papier geben. Plötzlich war O’Neal umringt und musste den Rückzug antreten. Meinen Stift hat er mitgenommen.

Weltraumtourismus könnte bald Realität werden. Sind Sie an einem Ausflug interessiert? Ich glaube schon, ja. Wenn es wirklich eine sichere Sache wäre, dann absolut.

Natürlich gab es auch kritische Stimmen in Zusammenhang mit Ihrer Besetzung. Bekanntlich kann man es nicht jedem Recht machen. Wie reagieren Sie auf solche vorauseilende Kritik? Man nimmt es wahr. Aber es gehört zum Job, solche Dinge auszublenden. Sie sind nicht hilfreich. Ich beschäftige mich nicht mit solchen Sachen im Internet. Das würde mich in keiner Beziehung weiterbringen. Die Menschen fühlen, was sie fühlen.

Welchen Rat geben Sie jungen Schauspielern, die selbst Bestandteil des „Star Wars“-Universums werden? Dass sie niemals aus dem Blick verlieren sollen, was sie an ihrem Beruf lieben. Wenn man ein Projekt wie dieses angeht, ist die Lautstärke der Stimmen anderer Menschen um ein Vielfaches lauter. Das betrifft die Welt da draußen, aber auch die Produktion selbst. Man muss daran festhalten, was man als Schauspieler und als Mensch von jeher tun wollte. Der eigene Anspruch ist immer ein gutes Leitbild.  

Filmstart: 24. Mai, Cinemaxx/Cinestar

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