Spielfilm "Overturned": Die Protagonisten selbst bleiben stumm, obgleich sie etwas zu erzählen haben.
Ein junger Mann (Rouven Dietrich) irrt durch Ruinen einer Industrieanlage und versucht, mit seiner Spiegelreflex ein anständiges Bild einzufangen. Wenige Momente später beobachtet der Zuschauer eine junge Frau (Julia Zaslanova) in ihrem Zimmer. Plötzlich – eine Verbindung. Sie sieht, was er sieht, er sieht, was sie sieht. Inspiration. Ohne Worte.
Der Film „Overturned“, Buch & Regie Alexandro Huber, entstand im ersten Halbjahr 2018. Alexandro Huber kommt ursprünglich aus Tirol und absolvierte ab September 2017 sein Freiwilliges Soziales Jahr Kultur beim Offenen Kanal. Über die Kurzfilmszene in Magdeburg sagt Huber: „Es ist schön, dass alles so übersichtlich ist“, aber auch: „Man muss die Leute schon kennen.“ „Overturned“ hat nicht den Anspruch, es jedem recht zu machen. Die mittellange Laufzeit von knapp 25 Minuten wird für viele Festivals zu lang oder zu kurz sein. Die Protagonisten selbst bleiben stumm, obgleich sie etwas zu erzählen haben. Im Kontrast dazu darf sein Chef brüllen; dürfen ihre Eltern lautstark streiten. Dazwischen lange Montagen mit Synth-Musik und Softrock-Nummern. Für ein von Blockbustern verwöhntes Publikum, ist Overturned („umgekippt“) mindestens eine Herausforderung. Hat man die aber einmal angenommen, ist das Fallenlassen in die entspannte Träumerei nicht schwer. Dann erschließt sich auch der philosophische Ansatz: Kunst ist Inspiration – Inspiration ist Kunst.
Die Technik des Schuss-Gegenschuss-Verfahrens, zweier Personen, die sich an getrennten Orten aufhalten und trotzdem den direkten Draht haben, begegnete uns zuletzt recht pompös in „Star Wars: Die letzten Jedi“. Daran wird es aber zweifelsfrei nicht liegen, dass Huber selbst seinen Film irgendwo zwischen SciFi, Mystery und Drama einordnet. Wenn man ihn denn unbedingt labeln will, dann als Experimentalfilm. Einer mit Ecken und Kanten zweifelsfrei. Denn dort wo Huber die Aerosol Arena und Lost Places als Kulissen zu nutzen weiß, fallen Schwächen in der Lichtgestaltung ins Auge; obgleich die Farbgestaltung insgesamt stimmig und gewollt wirkt. Vermutlich anders, als der Umstand, dass das Drehbuch in einigen Szenen etwas bemüht dafür sorgt, dass die Protagonisten non-verbal miteinander kommunizieren, was dem Spiel bisweilen einen Stummfilm-esken Anstrich gibt.
So ist Overturned ein verträumter Experimentalfilm mit ohrwurmigem Soundtrack und charmanten Bildideen, dem eine leichte Laufzeitkürzung sicherlich gut stehen würde.
Overturned, DE 2018, R.: Alexandro Huber, Film auf: Youtube