„Geradlinigkeit ist ja das Langweiligste an einer Filmographie“

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© Conrad Winkler

Hallo Conrad. Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst. Mit Deinem aktuellen Film "Verdammt heiß hier" nimmst Du dieses Jahr wieder am Jugendvideopreis teil. Erzähl uns doch kurz, um was es in dem Film geht. 

„Verdammt heiß hier“ erzählt von einer Situation, die ein jeder kennt, der einmal verliebt war, sich aber nicht traute seinen Schwarm anzusprechen. Nur flüchtet sich die Hauptfigur in einen Tagtraum der besonderen Art, er wird nämlich zum Westernhelden und sein hübsches zurückhaltendes Gegenüber zum verführerischen Cowgirl.

Und was ist Deiner Meinung nach, der größte Unterschied zu Deinem letzten Film "Kriegspropheten", der in seinem Stil ja schon sehr Theater-esk ist?

„Kriegspropheten“ und „Verdammt heiß hier“ sind zwei vollkommen verschiedene Filme mit einem ganz anderen Grundtonus und -thema. „Kriegspropheten“, der sich metaphorisch einem historischen Thema und der düsteren Nachkriegsliteratur widmet, entstand in einer kalten Januarwoche kurz nach Neujahr 2015, wir drehten in einem abgedunkelten Kämmerchen auf der Burg Wettin.

„Verdammt heiß hier“ wiederum ist ein Produkt des schönsten Sommers, den ich je erlebt habe. Frisch verliebt und gerade aus dem Kalifornien-Urlaub zurückgekehrt fuhr ich in dieses Camp am idyllischen Arendsee gelegen, um mit anderen Filmbegeisterten etwas auf die Beine zu stellen. Diese Freiheit und Euphorie spiegelt sich, wie ich finde, auch im Film an sich wider. Beide Filme liegen mir aber sehr am Herzen. Geradlinigkeit ist ja das Langweiligste an einer Filmographie.

© Conrad Winkler

Der Film entstand im Rahmen des JugendFilmCamp Arendsee. Wie läuft die Themenfindung dort ab?

Im Jugendfilmcamp sind die Teilnehmer in die verschiedenen Departements eingeteilt, wie man sie bei großen Produktionen eben auch kennt. Sprich: Regie/Drehbuch, Kamera/Schnitt und Schauspiel. Im Vorfeld muss man sich entscheiden, was man gerne machen würde und dann wird man im Bereich Regie z.B. vom großartigen Norman Schenk betreut, der auch Initiator des Camps ist. Bei der Ideenfindung ist man komplett frei, wird lediglich beraten, was die Möglichkeiten der Umsetzung und, falls gewünscht, das filmische Gestalten angeht.

Gab es Vorgaben, oder woher kam die Idee; die Inspiration zu Deinem Filmstoff?

Auf die Idee kamen wir über Umwege. Eigentlich war ein Film über die jugendliche Identitätsfindung und das Gefühl des Erwachsen Werdens geplant. Aber über einzelne Bilder und Stimmungen hinaus fiel uns nichts Konkretes ein. Nach einigem Hin und Her warf ich ein: Warum nicht einfach einen schönen Trashfilm machen? Diese Idee verbanden wir dann mit unserer ersten Vorstellung.

Und eins muss ich sagen: Noch nie prasselten bei einer Filmidee so viele begeisterte und kreative Vorschläge aus allen Mündern der Crew auf mich ein. Western drehen macht richtig Feetz!

"Verdammt heiß hier" hat beim Abschlussfestival in Arendsee den Publikumspreis gewonnen und wurde von der Jury auf den 2. Platz gewählt. Bei den Filmkunsttagen Sachsen-Anhalt läuft er im Wettbewerb "Kurzfilm". Keine falsche Bescheidenheit: Welche Chancen rechnest Du Dir damit beim Jugendvideopreis aus?

Natürlich wäre es schön, wenn es dieses Jahr beim JVP mit einer Platzierung klappt. In den Vorjahren waren wir bzw. ich zwar immer nominiert, gingen aber leer aus. Die genannten Platzierungen beim Festival Arendsee und den Filmkunsttagen sind aber jetzt schon eine Riesenehre für das ganze Team. Und nebenbei gesagt habe ich mich auch über die Anfrage zu diesem Interview sehr gefreut. Insofern gehe ich diesen Preis an wie jeden zuvor: optimistisch, aber ohne steife Erwartungen auf eine Platzierung zu setzen.

Der Jugendvideopreis Sachsen-Anhalt ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Immer mehr junge Filmemacher, bringen immer anspruchsvollere Produktionen – auch in technischer Hinsicht. Was bedeutet dieser Wettbewerb für Dich, z.B. in Bezug auf neue Kontakte, Anregung etc.?

Ein solcher Wettbewerb ist natürlich immer schön, um sich und seine Werke zu präsentieren und ins Gespräch zu bringen. Um neue Kontakte zu sammeln, habe ich den JVP bisher weniger genutzt. Aber es ist selbstverständlich ein schönes Gefühl, das eigene Werk vor Publikum auf großer Leinwand anzuschauen und die Atmosphäre der Preisverleihung zu genießen. 

Hast Du noch einen Film, oder mehrere Filme aus den vergangenen Jugendvideopreis-Verleihungen, die Dir besonders im Gedächtnis geblieben sind – positiv oder negativ? Wenn ja, welche sind das und warum?

Als ich das erste Mal beim JVP teilgenommen habe, lief der Film „Merry Xmess“ (von dem ich mittlerweile weiß, dass auch du, Robert, daran beteiligt warst) in der „großen“ Kategorie. Die Ausschnitte haben mich damals sehr beeindruckt, weil ich dort gemerkt habe, auf welch hohem Niveau der Wettbewerb ausgetragen wird. Er gewann 2014 auch bei den Filmkunsttagen Sachsen-Anhalt den Kurzfilmwettbewerb. Heute bin ich selbst in dieser Kategorie nominiert – das ist schon eine verrückte Erfahrung.

Wirklich negativ sind mir bisher keine Filme aufgefallen. Das trifft schon eher auf eine Jury-Entscheidung zu, die man als Teilnehmer ja auch immer subjektiv wahrnimmt. Das ist selbstverständlich Geschmackssache. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass vor allem in der Nachwuchskategorie mehr nach Qualität und nicht so sehr nach reinem Engagement bewertet wird. Viele Einreichungen waren in den letzten Jahren sehr sehr gut gemacht, technisch und erzählerisch betrachtet, fielen aber bei den Preisen hinten runter, gegenüber Produktionen von Jüngeren, die vermeintlich mehr Arbeit reingesteckt haben, qualitativ aber irgendwie doch spürbar abgeschlagen waren. Da spreche ich nicht nur in eigener Sache. Auch in Gesprächen mit anderen Teilnehmern habe ich diesen Eindruck gewonnen. Diese leichte Kritik mag mir nicht verziehen, aber doch erlaubt sein.

Dieses Mal hast Du Dir den Regiestuhl mit Laura Meyer geteilt. Beschreib doch bitte, wie es ist, sich diesen kreativen Posten zu teilen. Besonders dort könnten sich ja schnell kreative Differenzen entwickeln.

Laura kenne ich seit ich zwei oder drei Wochen alt bin. Unsere Eltern sind befreundet und wir wurden im Abstand von nicht mal einem Monat geboren. Wir sind also fast schon wie Bruder und Schwester. Das machte das kreative Arbeiten, was in diesem Rahmen erstmalig stattfand, natürlich erheblich einfacher. Geschrieben haben wir gemeinsam am Drehbuch. Die Regie bei den Westernszenen habe ich in Absprache mit Laura übernommen, die Szenen im Freibad sie in Absprache mit mir.

Dabei arbeiteten wir sehr harmonisch und hatten weniger das Problem, dass wir in künstlerischer Hinsicht verschiedener Meinung waren, sondern viel mehr den Luxus, dass wir uns bei den vielen Ideen entscheiden mussten. Zwei Autoren hieß in dem Fall doppelter Input.

Was die Zukunft bringt kann man nie sagen, aber Du hast in den vergangenen Jahren regelmäßig an Filmprojekten mitgewirkt und sie aktiv mitgestaltet. Ist die Film- und / oder die Medienbranche auch als berufliche Option interessant für Dich?

Ja, absolut. Auch wenn ich mich von meinem anfänglichen großen Traum der klassischen Spielfilmregie, nicht unbedingt verabschiedet habe, aber ich bin, was das angeht, realistischer geworden. Von Spielfilmen lässt sich in Deutschland nun mal schwer leben.

Ich bin bei meiner Tätigkeit im Offenen Kanal Wettin unter anderem auch mit dem dokumentarischen und journalistischen Arbeiten vertraut geworden, habe da auch viel mehr Erfahrung mit der Produktion als bei szenischen Filmen. Ein Studium des Journalismus oder des Dokumentarfilms kann ich mir sehr gut vorstellen. HFF München wäre in dem Sektor natürlich großartig oder eine der großen Journalistenschulen. An der Bauhaus Uni in Weimar wurde ich für den Studiengang Medienkunst und –gestaltung bereits angenommen, könnte dort im nächsten Jahr auch studieren. Aber das wird sich alles zeigen. Ich bin der Meinung, in der Film- und Medienbranche sollte man wandelbar und offen sein, für Möglichkeiten die sich einem bieten.

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