Heidenreich & die Heinzels

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© Viktor Strasse

Frau Heidenreich, was für eine Beziehung pflegen Sie zum Kino und zum Medium Film? Eigentlich eine gute. Ich gehe in der letzten Zeit leider viel zu selten ins Kino, weil ich durch die schönen Serien im Fernsehen infiziert bin, so wie wir alle. Ob „Homeland“, „Suits“, „Billions“, „Breaking Bad“ oder „House of Cards“ – ich fand diese Serien alle sehr schön, sie haben eine hohe Qualität. Aber mein Verhältnis zum Kino ist nach wie vor ein gutes. Es gibt nichts Tolleres, als auf der großen Leinwand einen Film zu sehen.

In Ihrem neuen Film ist es für die Heinzels das Größte, einen Handwerksberuf zu erlernen. Das ist hierzulande gar nicht mehr in Mode, oder? Das ist wahr. Die Geschichte des Films geht natürlich auf August Kopisch und die Ballade von den Heinzelmännchen zurück, die nachts kamen und Handwerksarbeiten fertigstellten. Sie stellten für den Schneider das Sakko fertig und putzten und backten. Heinzelmännchen werden nicht mit akademischen Werten, sondern mit solidem Handwerk verbunden. Und das Handwerk hat in Deutschland nicht mehr so den goldenen Boden. Das weicht ein bisschen auf. Neuerdings braucht man für alles Abitur. 

© Tobis

Der kleine Bäcker wird im Film von einer Backfabrik plattgemacht. Auch so ein schöner Verweis. Und am Ende gewinnt der Bäckerladen doch. Das ist im wahren Leben selten der Fall. Die Buchhandlung gewinnt nicht gegen den großen Konzern. 

Ja, das Buch. Mit welchen Gefühlen beobachten Sie, dass die Bücher in der S-Bahn bestenfalls den E-Readern, aber meistens den Smartphones gewichen sind? Das sehe ich mit Kummer. Ich war vor einiger Zeit in Moskau. Dort sitzen die Leute in der Metro und lesen wirklich Bücher. Sogar dicke Bücher. Das ist hierzulande zurückgegangen. Ich finde, dass das Fernsehen zu wenig dafür tut, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Kultur müsste früher im Abendprogramm stattfinden, nicht nach 23 Uhr, wo sie hin verbannt ist. Mein Büchermagazin rutschte ja auch auf immer spätere Zeiten. Diese Entwicklung finde ich schlecht. Die Allianz von Mensch und Buch wird aber nie ganz verschwinden.

Sehen Sie die Verrohung der Sprache in den sogenannten sozialen Medien mit Besorgnis? Das finde ich schon schlimm. Ich bin in den sozialen Medien nicht zugange, aber ich lese darüber und weiß, was stattfindet. Ich höre ja auch, dass Jugendliche häufig gar keine zusammenhängenden Sätze mehr sprechen. „Ey, Du, Alter! Was geht?“. Das macht mich traurig. Wenn man viel mit Sprache zu tun hat, passiert das nicht. Das schult ja auch. Deshalb wäre es wichtig, Kinder und Jugendliche ans Lesen heranzubringen.

Einmal sagt Vendla: „Es bleibt alles so wie es ist, die da oben, wir da unten.“ Befürchten Sie das auch? So habe ich nie gedacht. Wir sind eine Demokratie und es gibt nicht „die da oben“. Wir haben gewählt und die, für die wir gestimmt haben, verwalten unser Land. Wenn wir sie nicht mögen, müssen wir sie abwählen. Wir sind eine Demokratie und jeder Mensch ist gleich viel wert. Ich sehe keine Alternative zur Demokratie, keine Ordnung, in der der Mensch sonst würdig leben könnte. Natürlich bemerke ich den Rechtsruck. Viele Menschen sind unzufrieden. Dann muss die demokratische Politik verdammt nochmal wirksam werden und dafür sorgen, dass diese Unzufriedenheit ernst genommen wird.  

Der Film verteufelt Süßkram nicht, er feiert ihn. Rechnen Sie deshalb mit Kritik aus einer bestimmten Richtung? Ach, Quatsch! Ich esse den ganzen Tag Plätzchen und Schokolade. Wenn jemand ein Problem damit hat, dann ist das nicht meines. Anstelle der Bäckerei hätte man auch ein Fischgeschäft wählen können, aber das wäre nicht so witzig. Da wollen wir doch mal nicht päpstlicher sein als der Papst und alles immer auf die Goldwaage legen. Sonst geht bald gar nichts mehr und jegliche Fantasie geht zugrunde. 

Mit welchen Aufgaben wären die Heinzelmännchen in Ihrem Haushalt besonders stark beschäftigt? Wenn ich welche hätte, dann würde ich sie den gesamten Haushalt erledigen lassen, vor allem aber den Einkauf. Einkaufen ist für mich das Schlimmste. Die Heinzelmännchen könnten kochen, danach abräumen und den Herd wieder schön sauber machen. Es wäre auch sehr nett, wenn die Heinzelmännchen ab und zu mal die Schuhe putzten. Mit dem Hund gehe ich aber gern selbst ‘raus.    

Sie scheinen sich in der Öffentlichkeit ein wenig rar zu machen. Bereiten Sie einen Rückzug ins Private vor? Nein. Ich habe ja nie wirklich viel öffentlich gemacht. Ich hatte eine Fernsehsendung, die ich auch weiter mache. Allerdings in der Schweiz. Ich bin dort Mitglied des Literaturclubs und ich rede über Bücher. Ansonsten schreibe ich selbst Bücher und wenn eines fertig ist, gehe ich auf Lesereise. Das ist sehr öffentlich. Ich bin nicht mehr so häufig im Fernsehen und im Radio wie früher. Aber ich trete durchaus noch auf. Natürlich gehe ich es etwas langsamer an, ich habe keine Lust, bis zum letzten Atemzug unterwegs zu sein. Hotels, Flieger, Züge – all das ist ein bisschen weniger geworden. Ich finde das sehr schön und ich habe es selbst so gesteuert.

Die Heinzels - Rückkehr der Heinzelmännchen: Filmstart: 30. Januar, KlexXi-Sause: 2.2., Cinemaxx, 29.2., Moritzhof

© Engelhardt

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