"Game of Thrones"-Star Tom Wlaschiha im Interview

© Disney Pixar

Vielleicht ist er der bescheidenste deutsche Weltstar: Tom Wlaschiha hat mit Regisseuren wie Steven Spielberg, Roland Emmerich und Ron Howard gedreht, außerdem spielt er die Rolle des mysteriösen „Gesichtslosen“ Jaqen H’ghar in der Hit-Serie „Game of Thrones“. Aufheben um seine Person macht der 42-Jährige trotzdem nicht. Im Disney-Pixar-Weihnachtsfilm „Arlo & Spot“ leiht  Wlaschiha nun einem etwas ängstlichen Styracosaurus die Stimme.

Herr Wlaschiha, ein Schauspieler mit Ihrer Filmografie müsste doch in aller Munde sein. Scheuen Sie die Öffentlichkeit?

Nein, überhaupt nicht! Vielleicht liegt es daran, dass ich in Deutschland in den letzten Jahren nicht viel gemacht habe. Mein persönlicher Eindruck ist, dass es mit meinem Bekanntheitsgrad schon bergauf geht.

Werden Sie also auf der Straße häufiger erkannt?

Ab und zu, klar. Das überrascht mich immer wieder. Gerade in „Game of Thrones“ sehe ich ja ganz anders aus, mit Langhaarperücke und in irgendwelche Lumpenklamotten gehüllt. Trotzdem gibt es tatsächlich viele Hardcore-Fans, die einen auf der Straße nur im Vorbeilaufen erkennen. Es hält sich aber alles im Rahmen. Ich bin noch nicht verfolgt worden.

Ihr neuer Film ist eine Disney-Produktion.Sagt man bei so einem Angebot sofort zu oder wollten Sie erst die Geschichte und ihre Figur kennenlernen?

Natürlich sagt man automatisch zu. Wann im Leben bekomme ich schließlich noch einmal die Möglichkeit, einen Dinosaurier zu sprechen? Diese Gelegenheit war einzigartig. Ich hatte auch noch nie einen Trickfilm synchronisiert und Lust darauf, das auszuprobieren.

Macht es einen Unterschied, ob man sich selbst oder eine animierte Figur synchronisiert?

Ja, natürlich. Normalerweise setzt sich Schauspiel aus 50 Prozent Körpergestik und 50 Prozent Sprache zusammen. Eine animierte Figur kann man nur über die Sprache erzählen. Deshalb muss man mehr in die Extreme gehen und man kann auch ganz anders modulieren.

Warum ist die Faszination, die von den Dinosauriern ausgeht, ungebrochen?

Ich stand als Kind vor einem riesigen Saurierskelett und fühlte mich winzig klein. Und so geht es einem auch noch als Erwachsener. Sich vorzustellen, dass diese riesigen Viecher tatsächlich gelebt haben, ist faszinierend. Und auch wenn ein Meteoriteneinschlag als Grund ihres Aussterbens wahrscheinlich ist, ist immer noch ein Rest von Mysterium mit ihrem plötzlichen Verschwinden verbunden.

Sind Sie im Gegensatz zu Ihrer Filmfigur, dem Tierchensammler, eine eher furchtlose Natur?

Ich bin vielleicht ein bisschen weniger ängstlich als der Tierchensammler. Aber im Film werden sich viele Kinder und Erwachsene wiedererkennen. Jeder hat doch im Laufe seines Lebens bestimmte Probleme und Ängste. Es gibt Situationen, in denen man sich einen Schubs geben und ins kalte Wasser springen muss, auch wenn man nicht genau weiß, wie es ausgeht. Dass man da erstmal ängstlich ist, wird jeder nachvollziehen können.

Wovor haben Sie Angst?

Das wird jetzt ein langes Gespräch! (lacht) Spontan erinnere ich mich an meine Zeit am Theater. Da hatte ich immer extremes Lampenfieber. Man ist sich sicher, dass man den Text kann und weiß, wie man spielen muss. Und trotz­dem hat man das Gefühl, man geht auf die Bühne ‘raus in ein großes, schwarzes Loch und man erinnert sich an gar nichts mehr.

Sind Sie von Ihrem Elternhaus her künstlerisch vorbelastet?

Nein, gar nicht. Nicht über den Hausgebrauch hinaus. Meine Mutter ist Pharmazieingenieur und mein Vater Maschinenbauingenieur. Ich habe meine Eltern nicht um Erlaubnis gefragt, ich habe aus eigenem Antrieb die Schule angeschrieben. Aber sie haben mich immer in allem unterstützt.

Gab es ein Schlüsselerlebnis, das in Ihnen den Wunsch geweckt hat, Schauspieler zu werden?

Es gab nicht DAS Schlüsselerlebnis, aber ich wusste schon relativ früh, dass ich etwas Künstlerisches machen wollte. Ich habe Klavier gelernt, aber es war ziemlich schnell klar, dass ich nicht gut genug war, um das beruflich zu machen. Ich habe einen Onkel, der Opernsänger ist, das hat mich auch immer fasziniert. Er durfte schon zu DDR-Zeiten zu Gastspielen ins westliche Ausland reisen. Dann kam er zurück und erzählte uns von der großen, weiten Welt. Das hat mich geprägt und in mir den Wunsch geweckt, selbst mal hinter den großen Vorhang zu schauen. Dann hatte ich die Idee mit dem Schauspiel. Ich habe als 15- oder 16-jähriger die Schauspielschule angeschrieben und gleich eine Einladung zum Voreignungstest bekommen. Später habe ich auch die richtige Eignungsprüfung bestanden und studiert.

Was lernt man, wenn man Filmemachern wie Steven Spielberg, Bryan Singer oder Mike Leigh über die Schultern schauen darf?

Das ist natürlich faszinierend. Allein schon die Größe dieser Produktionen ist mit einem normalen Film in Deutschland nicht zu vergleichen. Man sieht erst mal, was es bei einer Filmproduktion überhaupt für Möglichkeiten gibt. Bei „Game of Thrones“ entsteht sehr viel in der Post-Produktion. Die technischen Möglichkeiten und die völlig andere Art des Drehens sind sehr beeindruckend.

Waren Sie überrascht, als Serienfigur die Bücher zu überleben?

Ja. Es hat eine Pause von zwei Jahren gegeben. Meine Figur tritt in den Büchern nicht wieder auf. Da kam der Anruf der Produzenten, man habe mich wieder in die Serie hineingeschrieben, doch sehr überraschend. Natürlich auf freudige Weise.

Um auf die Urzeitviecher zurückzukommen: Gibt es Situationen, in denen Sie sich wie ein Dinosaurier fühlen?

(lacht) Ja, mitunter. Wenn ich mit meinem 7-jährigen Patenkind rede, kommt das durchaus öfter vor. Da merkt man schon, dass man bei gewissen Dingen nicht mehr auf dem neuesten Stand ist.

Die Fragen stellte André Wesche.

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