Winter:Terror

Nachgeschaut #77, Dezember 2021 – Wer auf Weihnachtskitsch steht, darf weiterklicken. Wir machen uns den Winter so schaurig schön, wie es uns gefällt – mit Zombies, Geistern und Castingshows.

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Hygienekonzept für die Kolumne: Bratwurst vor dem Essen desinfizieren .

PACK DAS SCHEISS SMARTPHONE WEG UND MACH EINEN TERMIN ZUM PIEKSEN! Wenn wegen irgendwelchen Schwurbelspacken die Kinos wieder schließen, raste ich aus! Wer schon geimpft ist: Hello my Deer!

Na, wird schon zu jeder neuen Episode „Irgendwas auf Netflix“, die nächste Familienpackung Dominosteine aufgerissen? Für die abartig seltsame Weihnachtszeit ‘21 empfehle ich das volle Anti- Christ mas-Programm. Vergiss’ das Aristokraten-Abziehbild „Der kleinen Lord“ und die tschechische Schließfrucht-Abhängige „Aschenbrödel“. Wir feiern den Untergang der Psyche. Willkommen im Wahnsinn.

Resident Evil: Welcome to Raccoon City: The Ultimate Cinematic

1998. Nach dem Weggang des Pharmariesen Umbrella, ist die Kleinstadt Raccoon City nahezu ausgestorben. Claire Redfield (Kaya Scodelario) kehrt in diese ungeliebte Heimat zurück, um die geheimen Verbrechen der Umbrella Corporation aufzudecken. Wie üblich im mittleren Westen der USA, bricht eine Epidemie aus; Zombies Zombies Zombies. Während sich Claire mit dem Police-Rookie Leon S. Kennedy (Avan Jogia) im Polizeirevier verschanzt, wird der Rest der Polizei während einer Morduntersuchung in einer Villa überrascht.

E in prächtiges Zombie-Shlock-Fest; ordentlich Blut, martialisch bescheuerte Dialoge und 80ér-Dunst überall. Ja, bitte! Regisseur und Autor Johannes Roberts hat offensichtlich zwei große Lieben: Resident Evil und die Filmografie von John Carpenter – und beides merkt man dem Film an.

Last Night in Soho: The Swinging Sexies Serial Killer

Ellie (Thomasin McKenzie) hat nur einen Traum: Sie will Mode designen. Inspiration zieht sie dabei aus ihrer Leidenschaft für Musik und Look & Feel der Swinging Sixties. Dafür zieht sie nach London, um an einer renommierten Kunsthochschule zu studieren. Natürlich ist das Groß ihrer Kommilitoninnen / Mitbewohnerinnen ein Haufen Bitches (ja, Bitches!). Frustriert nimmt sie sich ein Zimmer, im Haus der charmanten und resoluten Ms. Collins (Diana Rigg). In dieser Umgebung blüht sie auf. Des nächtens träumt sie sich in die Vergangenheit und erlebt dabei die tragische Geschichte der aufstrebenden Sängerin Sandie (Anya Taylor-Joy), die über ihre Ambitionen in einen Maelstrom aus Sex und Gewalt gezogen wird. Nach und nach drängt die Vergangenheit in Ellies Gegenwart.

Mystery-Thrille r, Neon-Optik, Ohrwurm, Spukgeschichte und packender Kriminalfall in einem Film . Ein absolutes Must-Watch und für mich einer der besten Filme des Jahres ‘ 21 .

Die Muppets Weihnachtsgeschichte: The Haunting Sockpuppet Experience

W as wäre Weihnachten, ohne eine Geschichte, in der widerwärtige alte Männer ihre Angestellten bis aufs Blut quälen, anschließend von Poltergeistern terrorisiert werden und offensichtlich sowieso komplett einen am Schädel haben, weil sie mit Sockenpuppen reden?

Genau, es ist Zeit für Muppets-Adaption de s Charles- Dickens- Klassikers „Eine Weihnachtsgeschichte“ mit Michael Caine als Scroodge und einer Moral: Wenn Du Deine Angestellten jahrelang schlecht behandelst, ist alles wieder cool, wenn Du dem gehbehinderten Boy Hartgeld zuwirfst – oder so ähnlich. Zu sehen im OLi-Kino.

The Next Showmaster: (self-explaining)

Nach Casting-Show-Manier: Drei Journalismus-Studis der Hochschule präsentieren die je weils selbst erarbeitete Pilotepisode eines potentiellen Magazinformats. Der Ablauf beinhaltet immer einen Eröffnungsmonolog, einen Videobeitrag, einen Studiotalk und ein abschließendes Studiospiel mit Gäst:innen. Nach jedem Segment bewerte n sich die Teilnehmer:innen gegenseitig. A ls Gast gibt auch Ex-MDR-Programm-Direx Wolf-Dieter Jacobi seinen Senf dazu. Off-Sprecher ist Radiostimme Marco Themel. Am Ende stimmen die Zuschauer:innen darüber ab, wer gewonnen hat. Der O K MD stellt Studio und Technik. Produziert wird das Ganze von Leon Zorn, selbst natürlich auch Journalismusstudi an der H2 und natürlich auch Redakteur im hiesigen Stadtmagazin – we call it the circle of life.

So. Jetzt jetzt gibts also auch endlich mal ‘ne Castingshow in MD. Was habe ich gewartet! Nächtelang bin ich nervös über mein Bettlaken gerollt, die Dieter-Bohlen-Biografie fest im Arm, und hab mir gewünscht, dass man endlich mal wieder Menschen vor der Kamera miteinander vergleicht. Das dramatisch geschnittene Opening und der fetzig ins Bild animierte Titel „The Next Showmaster“ lassen darauf schließen, dass wir uns auf die Suche nach ebenjenem machen. Dafür wäre es zweifelsfrei sinniger gewesen, sich auf ein Format zu einigen – bleiben wir doch bei Late Night – und den Nachwuchs abwechselnd moderieren zu lassen. Tatsächlich zeichnen die drei Studis aber für ein jeweils eigenes Format verantwortlich – darunter ein Gespräch , ein Motor- bzw. Auto magazin und eine Late-Night-Show. Das Korsett des festen Ablaufs ist diesbezüglich zwar eine Stütze, um die einzelnen Segmente zu vergleichen – über die Showmasterqualitäten sagen die nun aber nichts aus. V ielmehr unterstreicht es nochmal die Erkenntnis, dass es im Showbizzzzzz keine eierlegende Wollmilchsau gibt:

Kandidatin 1 liefert einen äußert angenehm unaufgeregten Talk mit zwei Gästinnen zum Thema „Generation Z“ und bewegt sich auch sonst unverkrampft vor der Kamera. Ihr Vorteil: Sie hat ein Hauptthema, an dem sie sich abarbeitet. Einspieler und Studiospiel sind total unnötig und beschneiden das, was ein angenehm halbstündiger Talk hätte werden können.

Kandidat 2 möchte irgendwas mit Autos machen und bewirft das Publikum mit einer Kaskade aus, in überbordendem Selbstbewusstsein vorgetragenen, Fach- und Szenebegriffen. Und hier die Krux: Das Thema Autos interessiert mich doch wie ‘ne neue Baustelle auf der A14. Aber dafür kann der Mensch dort natürlich nichts. Der war augenscheinlich so begeistert davon, endlich über (s)ein Lieblingsthema referieren zu können, dass er, aufgeregt und ungestüm wie ein schlappohriger Irish-Basset-Welpe, einfach durch seine Sendung moderiert, Bilder zeigt und dabei seine Gäste kaum zu Wort kommen lässt. Ein junges Magazin für Tuning & Co.? Klar, mit redaktioneller Manpower dahinter gar kein Problem.

Kandidat 3 behauptet eine Late Night – wir denken an Böhmermann, Schmidt oder Felon – und beweist mit seinem Opening-Stand-up, dass Humor leider ein schweres Handwerk ist, politische Satire dabei der heilige Gral und er selbst sehr aufgeregt vor der Kamera. Das wirkt besonders weird, weil es nach einem unkontrollierten Politikbashing mit einer Sendung weitergeht, die komplett auf den Magdeburger DJ Declain zugeschnitten ist. Der ist als Gast wiederum sehr redefreudig und unser Mod scheint froh zu sein, damit günstig die Sendezeit zu füllen. Das ist nicht per se schlecht, aber auch hier fehlt einfach ein durchdachtes Konzept dahinter. Und warum? Weil es schlichtweg Gründe dafür gibt, dass die allermeisten langlebigen und unterhaltsamen Formate eben nicht nur durch eine Person betreut werden – auch wenn sie auf eine oder wenige Personen zugeschnitten sind.

Für den Nervenkitzel nach dem Feierabendklebstoffschnüffeln lohnt sich ein Blick definitiv. Ich frage mich aber, was dabei herausgekommen wäre, wenn man die drei Kandidat:innen einfach zusammen an die Sendungen gesetzt hätte – vom Konzept über die redaktionelle Betreuung bis zur Aufzeichnung – und das Publikum dann einfach über das ansprechendste Format hätte entscheiden lassen. Oder wenn sie wenigstens zusammen an drei Late Night Shows gearbeitet hätten; Positionen im Rotationsprinzip, aber eben nicht alles gleichzeitig. „The Next Late Night“, „The Next Show“ – naja, maybe the next time.

Gratis-Hörspiel: Highway zur Hölle

Die Reihe „Geister-Schocker“ klingt wie Nostalgie-Pulp-Fiction und kommt auch inhaltlich wie die (guten?)alten Groschenheftromane daher; Hexen, Aliens, Slasher, Vampire, usw. Hübsch hübsch hübsch. Der Maritim Verlag verlegt die Hörspielreihe, produzieren tut Romantruhe. Story: Ein Auto, ein Highway, Männlein, Weiblein, ein Sektenkult, Geister – viel Spaß.

Schönen Feierabend und einen guten Rutsch.

Offene Ohren für neuen Stuff: rob@dates-online.de

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