Stuhl:Gang

Nachgeschaut #79, Februar 2022 – Der Monat ist kurz, der Teaser auch. Diesmal mit Sitzmöbeln, DDR-Power, Ost-Krimi und Audiokrams. Na, hooked? Welcome!

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Hygienekonzept für die Kolumne: Literaturpflicht jetzt!

Hab gerade überlegt, mit welchem Mainstream-Film ich starten soll. Hab die Filmstarts für Februar durchgescrollt. Keine Ahnung, was mir egaler sein soll: das (vermutlich) unsägliche Western-for-Kids-Verbrechen „Der junge Häuptling Winnetou“ oder der neue Film mit Jason Statham – irgendwas mit „Operation…“. Da werde ich schon müde, wenn ich danach googele. Deswegen: Ortswechsel.

Im Kulturkinozentrum Moritzplatz – so nenne ich jetzt mal den cineastischen Ballungsraum Studiokino und Moritzhof – laufen spannende Programmkinobeiträge, in denen relevante Themen angerissen und auf ihre gesellschaftliche Viskosität untersucht werden.

Es geht unter anderem um Plastikstühle.

Monobloc: Der Grund für den Titel dieser Kolumne

Im Dok.Stück Monobloc reist der Wendler, also Hauke Wendler, um die Welt und untersucht Herkunft und Geschichte des kultigen PVC-Stapel-Mobiliars, auf dem gefühlt jeder Mensch schon gesessen hat – beim Grillen, Fußball gucken oder dem Bau eines interstellaren Materietransporters. Natürlich fungiert der Plastikstuhl als vorgesetzter Grund, um auf der ganzen Welt Unterschicht, Mittelklasse und Oberarme zu zeigen. Um es einzuordnen: Wendler zeichnet auch für den unaufgeregten Wohlfühlfilm „Atomkraft Forever“ verantwortlich. Monobloc ist zu sehen im Studiokino.

Das zweite Leben des Friedrich Wilhelm Georg Platow: Kein Platz mehr

Nebenan im Moritzhof gibt es wieder Filme mit Gesprächen im Anschluss; konkret am 16.02. Das zweite Leben des Friedrich Wilhelm Georg Platow. Die Titelfigur, ein Schrankenwärter Ende Fünfzig, reist mit falschen Papieren zu einem Lehrgang, tut dort auf jung und verguckt sich in seine viel jüngere Kommilitonin. Es gibt Musik von den Puhdys und ganz ganz schucklichen Humor! Regisseur Siegfried Kühn ist im Anschluss zum Gespräch vor Ort. Die Komödie von 1973 wurde seinerzeit wegen zu viel Authentizität lieblos behandelt und ignoriert. Filmkolumnisten kennen das. Oder zumindest ich.

Schneller als die Angst: Magdeburger Kammerspiele

LKA-Beamtin Sonja ‘Sunny‘ Becker (Friederike Becht) kehrt nach längerer knapp einem Monat Pause zurück in den Dienst. Die meisten Kolleg:innen, Führungsetage inklusive, halten das für ‘dumme Idee. Dem Drehbuch sei Dank bricht zur gleichen Zeit der Frauenvergewaltiger, -mörder André Haffner (Felix Klare) aus und kann es gar nicht abwarten, seiner Leidenschaft zu frönen. Die Ermittlungen gestalten sich als herausfordernd, auch weil Sunny betriebsintern auf Widerstand stößt.

Zu der Serie gibt es bereits einen Artikel im aktuellen Heft und online – erwähnen wollte ich sie trotzdem nochmal. Irgendwo zwischen Elbtreppen, Nordbrückenzug und Sternbrücke bekommen wir Schweigen der Lämmer in den neuen Bundesländern serviert. Und das ist nicht perfekt, aber eine willkommene Abwechslung zum Polizeiruf.

Audio-Tipp: Archive 81 (englisch)

Irgendwie ist der englischsprachige Markt treffsicherer, wenn es um die Bewegtbildadaption von Hörspielen geht. Auch dort weicht das Radio Play oder auch Radio Drama langsam dem etwas cooler klingenden Fiction Podcast, Scripted Podcast, Audio Drama etc. die eben verstärkt über Podcasts verteilt werden. Anlässlich der jüngst gestarteten Netflix-Serie Archive 81 habe ich den zugrundeliegenden Podcast durchgehört und war vom Fleck weg begeistert: Die Found-Footage-Geschichte skizziert das Schicksal des Archivars Dan, der von einer ominösen Firma damit beauftragt wird, die Audiotapes einer gewissen Melody Pendras zu digitalisieren, die über Interviews, die Geschichte eines bestimmten Wohnblocks rekapitulieren will. Dabei stößt sie direkt auf einen Sektenkult und gerät in dessen Fokus. Um dieses Material zu archivieren, wird Dan auf unbestimmte Zeit in einem abgelegenen Gebäude einquartiert und muss 24/7 einen Audiorecorder mitlaufen lassen. Okkultismus-Thriller mit Cosmic-Horror-Einschlag? I like.

Ich warte ja noch, bis Netflix oder Amazon auf die John-Sinclair-Hörspiele stößt und mal Geld locker macht.

Infos zu laufenden Projekten werden dankend entgegengenommen: rob@dates-online.de

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