Über:Sound

Nachgeschaut #84, Juli 2022 – Volles Programm: Ich hab mit Moritzplatz-Komponist und -Projektleiter Christoph Paul Börner gesprochen. Es geht um Filmmusik, medienpädagogische Arbeit und Verantwortung. Das Gespräch gibts diesmal auch als Podcast. In den Indie Insights geht es um Crowdfunding. Und… bitte!

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Мир для України!

Na, Sonnenbrand schon behandelt? Sieht Papas Wampe aus, wie ein Salamander vor der Häutung? Bravo. Aber freitags demonstrieren ist ja albern. Egal. Ich flüchte vor der Hitze in den Offenen Kanal.

Dort treffe ich Christoph Paul Börner. Für den zweiten Teil meiner kleinen Reihe über die Magdeburger Webserie Moritzplatz habe ich mit ihm über seine Arbeit an der zweiten Staffel geschnackt.

Paul und ich machen ein kurzes Querfeldein durch den Kanal; kurz hallo sagen, bei bekannten Gesichtern. Dann finden wir einen Raum. Von außen hören wir abwechselnd eine Kaffeemaschine, Schritte – geschäftige Gemütlichkeit.

Christoph Paul Börner: Über Moritzplatz 2, Filmmusik und Grenzen

Christoph Paul Börner wird auf der Website des Offenen Kanals Magdeburg als Paul Börner geführt, zusammen mit den knackigen Schlagworten Sounddesigner und Filmmusiker. In der ersten Staffel hat er on set als Tonmeister gearbeitet, außerdem das Sounddesign übernommen und am Score mit herum komponiert. Seit Staffel 02 ist er zusätzlich neben Susann Frömmer Projektleiter.

Ist sicher herausfordernd, so ein Upgrade im Leistungsportfolio.

Moritzplatz Staffel 1, Drehtag 1 – Moritzplatz Staffel 2, Drehtag 1 – Unterschied?

Ich hatte dort [Staffel 1] viel weniger Verantwortung. Ich bin dort hingekommen […], Catering war da, die Schauspieler:innen waren schon in ihren Kostümen und wir konnten anfangen zu drehen. Also sehr entspannte Arbeit für mich. Und nachdem dann der letzte Take gedreht war, bin ich nach Hause gefahren und hatte Feierabend. Und das ist auch der größte Unterschied. […] man arbeitet länger. Und diese Verantwortung […] schwingt halt ständig mit. Das geht leider sehr auf den Spaßfaktor.“

Nanü! Weniger Spaß an der Arbeit trotz Beförderung? Geht es da vielleicht nicht doch eher, um andere Art von Herausforderung und ‚Spaß‘ – und Druck, der dann später auch zu einer anderen kreativen Befriedigung führt?

Ja, das ist glaub ich ein guter Punkt. Das ist eine andere Form von Spaß. Eben, weil man weiß, dass man selber dafür verantwortlich ist und das selber hier gerade erschafft. Ich glaube aber, so richtig auszahlen wird sich das erst, wenn wirklich alles fertig ist. Weil man momentan auch immer noch […] in so ‘nem Tunnel ist […]. […] Deswegen […] ist das trotzdem auf jeden Fall spaßig, nur fehlte mir bisher die Zeit es wirklich zu verinnerlichen. “

Ein medienpädagogisches Projekt verlangt per se einen anderen Arbeitsansatz, als ein rein kommerziell ausgelegtes oder aus privater Freude heraus gestemmtes Filmprojekt. Warum? Weil am Ende die Arbeit mit den Jugendlichen im Mittelpunkt steht. Egal wie ambitioniert die Filmcrew ist: Es geht um den Weg, nicht um das Ziel. Nachdem ich Paul in einer knapp 4-minütige Fragezeremonie (!), idiotischerweise auch noch geschlossen, frage, ob es denn jemals eine Überlegung war, das Pädagogische zugunsten des Professionellen zu reduzieren antwortet er…

Nein.“

RG

RG

Ich finde das immer so schade, dass ich mit den Leuten echt interessante Gespräche führe und davon so wenig mitgeben kann. Deswegen hab ich bei dem Gespräch mit Paul zwei Audiorecorder mitlaufen lassen. Darin geht es um Herausforderungen beim Komponieren, Unterbezahlung, musikalische No-Gos und mehr. Ist keine Studioproduktion; Menschen bewegen sich, deswegen bitte keine Polished Podcast Production erwarten. Wer trotzdem Interesse hat: Viel Spaß.

Indie Insights: Finanzierung IIICrowdfunding

So, kein Geld ist keine Option, aber Kultur- oder andere Förderung ist auch keine Option? Dann steht heutzutage schnell das Wort Crowdfunding (Schwarmfinanzierung) im Raum. Hab ich auch schon zwei Mal durch – einmal erfolglos zu dem Kurzfilm Merry Xmess und einmal erfolgreich zum mittellangen Horrofilm Feed The Reapers.

Bei Crowdfunding geht es darum, dass die Masse ein Projekt finanziell unterstützt. Die Unterstützenden (Backer) erhalten bei Fertigstellung ein Dankeschön (Reward / Perk), meist abhängig vom eingesetzten Wert. Als Beispiel: Beim Crowdfunding zu Feed The Reapers gab es bei 5,00 € eine Erwähnung im Abspann, bei 15,00 € den Film als Download und bei 50,00 € den Film auf DVD und dazu den Roman zum Film. Klingt fair. War Schwachsinn. Zumindest für die Summe. Wir haben am Ende 1900,00 € durchs Crowdfunding eingenommen. Viel zu wenig für den Film, der am Ende über 15.000 € kostet. Die Perks müssen trotzdem geliefert werden – zurecht!

Die Crowdfunding-Seite Startnext hat Erfahrungswerte aus zehn Jahren im kompakten Listicle Crowdfunding für Filme: 5 Erkenntnisse aus 10 Jahren Filmfinanzierung gesammelt. Ein Groß sind Dokumentarfilme; Sport/vereine im Mittelpunkt funktioniert oft; Abschlussfilme für Filmhochschulabsolventen sind auch ein Ding.

In der Regel besteht ein generelles Interesse am Thema (Stromberg – Der Film), man kennt die Köpfe hinter dem Film (siehe German Angst) oder man weckt Interesse am Film. Für Letzteres dreht man dann vielleicht Trailer, Interviews – eine Art Motivationsschreiben für das eigene Projekt. Ist oft ein riesiger Aufwand. Und ganz realistisch: Das ist oft Zeit, die man auch mit der (Vor)Produktion des eigentlichen Films verbringen könnte. Aber: Für ambitionierte Vorhaben ist Crowdfunding definitiv eine Option. Ob das Fünf-Minuten-Kammerspiel mit experimenteller Triangeluntermahlung und einem sprechenden Holunderstrauch jetzt dringend schwarmfinanziert werden muss? I don’t know.

Auf der Seite Crowdfunding.de kann man sich unkompliziert nach Unterfangen zahlreiche Crowdfunding-Plattformen und -Anbieter listen lassen. Nachfolgend ein unterhaltsames Walulis-Video zum Thema.

Podcast: Filmmusik – Freiraum und Vertrauen

Und passend zum Thema Filmmusik gibt es auch eine Episode bei einem meiner aktuellen Lieblingspodcasts Indiefilmtalk. In Episode 121 spricht Moderatorin Susanne Braun mit Filmkomponistin Anna Kühlein, die unter anderem für den Score zu Kudamm ‘59 verantwortlich zeichnet. Hier geht es etwas gezielter um den Entstehungsprozess. Much fun.

Ahoi.

Unaufgeforderte Schenungen und Kritik am System bitte an:  rob@dates-online.de

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