Jennifer Rostock "Jeder hat ein Recht, so zu sein wie er ist."

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© Florian Appelgren

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© Per Florian Appelgren

Mit der Frage nach "Kopf oder Zahl" ging 2008 alles los: Nach einem fünften Platz bei Stefan Raabs "Bundesvision Songcontest" erspielten sich "Jennifer Rostock" über die Jahre die Gunst eines immer breiteren Publikums. Vier Studioalben später hat die Band kürzlich ihr eigenes Plattenlabel gegründet und spielt im Sommer ein Open-Air in der Festung. Von Beginn an positioniert sich die Band gegen rechts, mit der Aussage "Nazis raus, Schwanz rein!" beendet Sängerin Jennifer Weist jedes Konzert. Mit ihrer Leidenschaft für Körperkunst und knappen Klamotten ist die 28-Jährige nicht nur Hingucker, sondern oft auch Gesprächsthema. So machte Weist kürzlich mit ihrem Youtube-Clip Front gegen die BILD. Dass sie ihre Haut nicht etwa zu Promotion-Zwecken zeigt, erzählte sie uns im Interview.


Für welche Werte steht ihr als Band?

Für welche Werte steht ihr als Band?# Es gibt viele Schnittmengen, auf die wir uns einigen können. Ein Überbegriff ist Gleichberechtigung und Meinungsfreiheit für alle, und das alle so leben können, wie sie sind. Jeder hat ein Recht so zu sein wie er ist und jeder ist gut so wie er ist, egal ob schwarz, weiß, dick, dünn, homo-, hetero- oder bi-sexuell. In keinem Land der Welt sollte man dafür belangt werden. Wir sind außerdem viel mit der Organisation „Peta“ unterwegs, ein Großteil unserer Band lebt vegan, der Rest vegetarisch. Was Tierrechte angeht sind wir auch engagiert. Da kommen einige Themen zusammen, über die wir dann auch schreiben und hoffen, dass die Leute sich dann damit beschäftigen, wenn sie unsere Musik hören.

Würdest du euch als „politische Band“ bezeichnen? „Ein Schmerz und eine Kehle“ war zum Beispiel von den russischen Schwulen/Lesben-Aufständen inspiriert?

Ich würde schon sagen, das wir eine politische Band sind. Wir haben etwas zu sagen und Dinge für die wir stehen. Mit der Tagespolitik haben wir nichts zu tun und sagen auch nicht, jede Band muss krasse politische Statements in ihren Texten haben.

Das Thema gleichberechtigte Homo-Ehe wird aktuell diskutiert. Euer Keyboarder Joe ist schwul - thematisiert ihr solche Dinge?

Natürlich reden wir darüber! „Ein Schmerz und eine Kehle“ haben wir rausgebracht, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Wir haben ein Konzert gespielt, um Geld für eine russische Organisation zu sammeln, die den Betroffenen, die dort verfolgt werden, hilft aus dem Land raus zu kommen. Egal wer du bist oder für was du stehst – du solltest die gleichen Möglichkeiten haben. Warum ist eine Homoehe anders als eine „normale“ Ehe? Das versteht keiner, das ist halt Quatsch! Auch über die ganze Diskussion das ein Kind, das in einer heterosexuellen Ehe aufwächst etwas ganz anderes sei, als ein Kind, das bei einem homosexuellen Paar aufwächst, reden wir viel und schreiben Songs darüber, um den ein oder anderen wachzurütteln.

Auch ein Thema in Sachen Gleichberechtigung: Nackte Haut von Frauen erregt ja nach wie vor mehr Aufsehen als die von Männern - denkst du da gibt es einen Weg, dass da kein Unterschied mehr ist?

Das wäre schön, wenn das alles irgendwann so ist wie ich mir das in meinem Kopf ausmale. Mir wäre es wichtig, dass ich hier oberkörperfrei rumlaufen könnte, ohne damit riesiges Aufsehen zu erregen. Was aber nicht bedeutet, dass alle das machen müssen! Es geht nicht darum, dass so eine Bild-Zeitung darüber berichtet, sondern darum, dass sie berichten und nicht erwähnen, was der Grund des Ganzen ist. Das Thema ist nicht, dass ich auf der Bühne stehe und meine Brüste zeige, weil ich Lust habe. Ich will damit auf was aufmerksam machen! Es geht um Selbstbestimmung – dass ich entscheide, wann ich meine Brüste zeige und das jeder für sich selbst bestimmen kann. Ich hätte gern, das Frauen das genau so können wie Männer. Aber das geht nicht, da Frauenkörper immer sexualisiert werden!

Du gehst mit deinem Körper schon immer freizügig um - wie reagierst du auf Menschen, die damit ein Problem haben?

Ich hatte in den letzten Jahren viele Diskussionen über das Thema. Auch mit Frauen, die nicht verstehen wieso ich das mache und meinen, ich würde damit zur Sexualisierung beitragen. Ich finde das überhaupt nicht, im Gegenteil: Ich finde es richtig und wichtig das zu tun. Ich habe einfach einen sehr natürlichen Umgang mit meinem Körper – ich komme aus dem Osten, bin immer am FKK-Strand gewesen. Ich habe kein Problem damit meinen Körper zu zeigen. Im Gegenzug habe ich auch kein Problem damit, wenn das andere Leute nicht tun.

Sagst du auch mal „Wenn's euch stört, guckt doch einfach nicht hin?“

Mit mir kann man ja auch diskutieren, das ist ja kein Problem. Man kann auch zu mir kommen und seine Bedenken äußern. Das ändert jedoch nichts an meinem Standpunkt. Allen Leuten, die meinen ich mache das wegen eines Aufmerksamkeitsdefizits oder aus PR-Gründen: Das brauchen wir alles nicht!

Ihr habt eure eigene Plattenfirma gegründet: Lebt sichs als Band besser, wenn man alles selbst entscheiden kann?

Wir haben uns lange darüber Gedanken gemacht, wie es weitergehen soll. Dann ist der Vertrag mit Warner Music ausgelaufen und wir dachten das wäre der richtige Zeitpunkt, eine eigene Plattenfirma zu gründen. Bisher haben wir erst unsere „Kaleidoskop“-EP darüber rausgebracht. Wir müssen mal gucken wie das in Zukunft weitergeht, es ist für uns alle etwas Neues. Wir wissen noch nicht, ob wir später auch andere Leute signen wollen oder nur unsere Musik auf dem Label laufen lassen.

Jennifer Rostock

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