"Fuck the pain away"

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Eine Depression ist eine Krankheit. Spätestens seit dem Tod Robert Enkes ist das auch in der Gesellschaft angekommen. Dass man damit in verschiedenster Art und Weise umgehen kann, beweist Oliver Polak. Der Stand-Up-Comedian litt unter einer Depression und beschreibt dies in seinem aktuellen Buch "Der jüdische Patient". Er wies sich in die Psychatrie ein, um wieder klarzukommen im Leben, um sich wieder zu fühlen und Gefühle anderer zuzulassen. Und um seinen Job wieder neu zu lieben, vielleicht auch, um sich mit dem Schreiben selbst etwas Heilung zu verschaffen. Sein "jüdischer Patient" ist derb, teilweise an der Schamgrenze und direkt - "in your face". Ein Werk mit vielen englischen Ausdrücken und Musiktiteln, die seine verschiedenen Lebens- und Gefühlssituationen beschreiben. Vielleicht kann man sich deshalb so gut in diesen Patienten hineinversetzen. Der 38-Jährige zeigt sich nicht als Opfer, sondern ist mit sich selbst stets im Kampf, auch in schlimmsten Momenten - zwischen Kotzen, eskalierenden Auftritten oder der Reflektion über das eigene Leben als oftmals missverstandener deutscher Jude.

Es geht ums Onanieren, um irgendetwas zu spüren - "Fuck the pain away", Selbsthass, Unsicherheit, Existenzangst. "Das letzte Einhorn meets Feivel meets Nemo meets Alf". Polak fragt sich, ob so ein Loch, eine innere Leere, jeder hat, "Das Loch als Fluchtort vor der realen Liebe von außen, ein Fluchtort vor sich selbst". Gestopft wird es mit Drogen, Alkohol, Sex, Facebook und Twitter.

Am Ende gibt's den Rat vom Psychiater das eigene Leben wieder in die Hand zu nehmen und sich von nichts und niemandem abhängig zu machen. Polak ist zurück im Leben, hat eine neue, alte Liebe, begibt sich als "Krankes Schwein" auf Tour und landet mit diesem Buch auf der Spiegel Bestsellerliste. Wäre man zusammenfassend so schonungslos wie er, würde man sagen, die Depression hatte also auch etwas Gutes, wünschen tut man ihm allerdings keinen Rückfall.

© Kiepenheuer & Witsch

Der jüdische Patient

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Oliver Polak

Kiepenheuer & Witsch

Humor

2. Oktober 2014

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