Magdeburger Literaturwochen: Ab in die Ferne

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Die Langsamkeit neu entdecken. Mal weg sein, aus- und aufbrechen aus den Gewohnheiten, das sind, neben der Abenteuerlust, sicher einige Motive für Unternehmungen wie von Barbara und Dietrich Ochs. Mit Traktor und Bauwagen waren sie zum Nordkap und in Südeuropa unterwegs. Mit 27 km/h kann man kein Rennen gewinnen, dafür Eindrücke sammeln, Menschen kennenlernen und eine Region wie Nordeuropa stressfrei mit offenen Sinnen bereisen.

Die beiden „Traktor-Touristen“ sind nur zwei von sehr vielen weiteren Gästen der Magdeburger Literaturwochen 2016. Was die Lesungen, Konzerte und Ausstellungen verbindet, sind „Reisen, Abenteuer und Impressionen“. Mitunter scheinen die Veranstaltungen wie gemacht für einen der Orte, zum Beispiel die „Flaschenpostgeschichten“ von Oliver Lück, aus denen er beim Mückenwirt lesen wird. Er hat literarisches Strandgut gesammelt, die Absender getroffen und mitunter bewegende Lebensgeschichten erfahren und selbst kleine wie große Reisen unternommen.

Eine bewegte und bewegende Biographie verbirgt sich auch hinter dem Titel von Nancy Aris Buch „Passierschein, bitte! Dattans Erben“. Nachdem sie 2014 den Spuren eines deutschen Kaufhauses, Kunst & Albers, in Wladiwostok gefolgt war, stellt sie in ihrem neuen Buch Adolph Dattan und die Historikerin Anne Stehr in den Mittelpunkt. Nach einer glanzvollen Periode im fernen Osten geriet Dattan im 1. Weltkrieg in Verbannung und kehrte als gebrochener Mann nach Deutschland zurück. Doch damit ist die Geschichte längst nicht zu Ende.

Wieder dabei ist Annett Gröschner, die neue Geschichten aus der „Linie 4“ liest, in der sie weltweit unterwegs war. Annetts Schwester, Nadja, liest während der Fahrt Beschreibungen Magdeburgs von Auswärtigen aus drei Jahrhunderten, unter dem Titel „Zum Vergnügen war hier noch niemand“.

Ironie, Tragik und Komik verspricht Marcia Zuckermanns Roman „Mischpoke“. Er ist eine Reise in die  osteuropäische Vergangenheit, die nur ein Lebensalter entfernt von uns ist. Darin bekommt es Samuel Kohanim mit seiner Familie zu tun, seiner schroffen, wortkargen Frau Mindel und den sieben Töchtern, liebevoll „die sieben biblischen Plagen“ genannt. Begleitet wird die Lesung vom Chor der Synagogengemeinde Magdeburg.

Das Programm bietet noch sehr viel mehr Facetten, wie die Reisebilder von Thilo Schwichtenberg, den musikalischen „Whisky-Abend“ mit Klaus Reinholz und Mady Host, die Schreibkräfte im „Kiez“, den Science-Fiction-Autor Karsten Kruschel und Gisela Steineckert, eine Grand Dame der deutschen Literatur.

Magdeburger Literaturwochen, 31. August bis 30. November, www.literaturhaus-magdeburg.de

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