Öffne dein Herz weit

Einer ausgewiesenen Restauratorin, einem für seine touristischen Themen bekannten Schriftsteller und einem Meisterfotografen war das Thema wichtig genug, gemeinsam ein Buch über Altäre vorzulegen, die am Vorabend der Reformation entstanden sind. Es geht um spätgotische Flügelaltäre zwischen Elbe und Fläming. „Das sind Meisterwerke, die da beinahe unbeachtet in alten kleinen Dorfkirchen stehen. Und es ist ein Verdienst des Fördervereins um den Loburger Pfarrer Georg Struz, das erkannt zu haben und sich nicht davon abbringen zu lassen, hier eine touristische Straße einzurichten“, meint Ludwig Schumann, einer der beiden Autoren. 

Am Vorabend der Reformation, zwischen 1480 bis 1520, entstanden die meisten der Altäre. „Gott sei Dank waren diese kleinen Ortschaften nach dem Dreißigjährigen Krieg so bitterarm, dass sie nicht das Geld hatten, ihre Kirchen im barocken Zeitgeschmack umzubauen und die alten Altäre der Ewigkeit preiszugeben. So blieben sie erhalten, Zeugnisse der Armut. Aber welch wunderbare Fügung, steht man heute diesen Meisterwerken aus der Hoch-Zeit des im Wesentlichen auf Deutschland beschränkten Flügelaltarbaus gegenüber.“ Bekannter sind die aus dem süddeutschen Raum stammenden Arbeiten von Tilmann Riemenschneider oder die aus Böhmen stammenden Arbeiten von Peter Parler. Ähnlichkeiten mit Arbeiten aus beiden Werkstätten findet man bei den Meistern in den mitteldeutschen Dorfkirchen. Aber auch ausgerechnet die Werkstatt des Malers der Reformation taucht als Auftragnehmer auf, noch dazu bei einem relativ späten, schon in die Reformationszeit hineinragenden Altar, nämlich in Kliken“, erzählt Schumann. 

Faszinierend ist die Bildsprache des kleinen Bändchens. Hans-Wulf Kunze ist es gelungen, die Figuren der Altäre geradezu lebendig werden zu lassen. Die Isterbieser Pietá, dargestellt ist Maria, die den toten Sohn Jesus auf dem Schoß zu liegen hat und dem Betrachter hinhält, berührt da ganz besonders. Isterbies. Ein kleiner Ort hinter Loburg. Dort wurde in der ehemaligen Gruft ein Informationspunkt zur „Straße spätgotischer Flügelaltäre“ geschaffen. Die Isterbieser Dorfkirche selbst wird Stück für Stück restauriert. Im letzten Jahr wurde die wertvoll bemalte Decke aufwändig wieder hergestellt, ohne Zweifel eine Zier der Kirche. 

Die flache Landschaft lädt Magdeburger Sonntags-Radfahrer geradezu ein, sich auf eine Kirchentour zu begeben. Man glaubt kaum, was für idyllisch gelegene Dörfer man auf dieser Tour durch den Vorfläming zu Gesicht bekommt. Schumann und Meussling haben das Buch so aufgebaut, dass man es auch bei Ankunft vor Ort lesen kann. Man erfährt etwas über den Ort, die Kirche, den Altar. Dankenswerterweise findet man die für den Altar wichtigen Bibelstellen ausgeschrieben auf den jeweiligen Seiten. Ebenso stehen zu jedem der 16 Altäre dieser Route mindestens eine Heiligenbiografie, so dass das Buch sowohl in der Vorbereitung auf die Reise als auch vor Ort gelesen werden kann, so dass auch der mit kirchlichen und biblischen Themen weniger vertraute Leser ein Kompendium zur Hand hat, dass lesbar Wissen zu einem bisher eher vernachlässigtem Gebiet bringt.

Öffne Dein Herz weit, ostnordost Verlag, Hardcover,  128 Seiten, 9,80 Euro (erscheint am 10.12.) 

© ost-nordost

Öffne dein Herz weit

Ludwig Schumann

ost-nordost

Sachbuch

978-3-938247-08-2

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