Sehnsucht nach Venedig

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Venedig, eine Stadt mit einer ganz besonderen Aura. Dort trifft Geschichte auf Gegenwart. Dorthin hat auch die Magdeburger Jungautorin Sophie Handschuh die Handlung ihres Debütromans "The Unwritten Verse - Staub der Vergangenheit" und gleichzeitig ersten Teils einer geplanten Trilogie verlegt. Im Mittelpunkt dessen steht die 20-jährige Sofia, die sich ungewollt in einem Netz aus Lügen, Intrigen und familiären Tragödien verfängt.

Sprung ins Abenteuer

Es sollte eine unvergessliche Reise durch Europa werden. Lange schon hatte die 20-jährige Frohnatur Sofia geplant mit ihrem Onkel Sam die Schönheit von Venedig, Paris und Co. zu entdecken. Ein Fahrradunfall verändert alles, Sam liegt im Koma. Sofie zieht allein los, immer die Kamera zur Hand, bereit ihre Erlebnisse für ihren Onkel festzuhalten. In Venedig trifft sie auf eine italienische Familie, deren Geschichte mit tragischen Gegebenheiten verbunden ist. Immer dabei im Fokus: Die Macht der Sprache und deren unwiderbringliche Folgen.

Die Macht der Sprache

Nun ist es einfach, Venedig als Ausgangspunkt einer fantastischen Geschichte zu nehmen und die Realität außen vor zu lassen. Bei Sophies Debüt ist das anders. Wir begleiten ihre Protagonistin Sofia durch die aufregenden Gässchen Venedigs, drängen uns gemeinsam mit ihr durch die zahlreichen Touristengruppen am Markusplatz, die jeder kennt, der schon mal in der Stadt war. Selbst wenn nicht, Sophie legt bei ihren Beschreibungen sehr viel Wert auf Details, sodass man auch ohne dort gewesen zu sein, das Gefühl hat, die Stadt zu kennen. Ein bisschen wie man es von Patrick Süßkinds "Das Parfüm" kennt. Trotzdem verliert sich Sophie nicht in unnötigen Details. Ja, sie schubst ihre Protagonistin regelrecht ins Abenteuer, ohne große Vorgeschichten. Da ist dieser Junge, Elias, mit einer schwarzen Kutte, dem sie neugierig einfach folgt und ihren künftigen Mentor Davide kennenlernt. Sie erfährt, dass sie die Gabe hat, mit Worten das Schicksal von Menschen zu verändern. Auf der Welt gibt es insgesamt nur 23 Schrifttypen, denen unterschiedliche Charaktereigenschaften zu geschrieben werden. Gelingt es Sofia sie zu erlernen, kann sie Großes bewirken. Ihr Gegenspieler, der diese Gabe missbraucht, ist Elias' Bruder. Irgendwie vorhersehbar, mag sein. Ein Ausblick auf das, was noch folgt - Mitnichten! Sophie spielt mit unseren Erwartungen. Stück für Stück lernen wir das Geheimnis der Familie, die einzelnen Mitglieder und ihre Vergangenheit kennen. Auch hier verbindet Sophie die einzelnen Puzzleteile geschickt miteinander. Warum die Figuren, so sind, wie sie sind - nachvollziehbar. Auch wenn die herzensgute Sofia, manchmal zu gut erscheint.

Autorin wirft philosophische Fragen auf

Immer präsent ist die Frage nach der Macht der Sprache. Als studierte Germanistin weiß Sophie, wovon sie schreibt. Schon ein kleines Wort kann die Aussage eines Satzes zum positiven, wie negativen verändern. Darin erinnert uns Sophie immer wieder, auch wenn sie die Vergangenheit und die Gegenwart ihrer liebevoll erdachten Charaktere miteinander in Beziehung setzt. Dabei driftet sie immer wieder in philosophische Gedankenwelten ab, warum sind Menschen böse? Was treibt sie zu solchen unmoralischen Taten, zu Intrigen? Sie stellt viele spannende Fragen und wirft Probleme auf. Besonders interessant wird es als Sofia von ihrem Mentor Davide in einem Café vor Augen geführt wird, mit welchem Tunnelblick wir durch den Alltag gehen, wie unaufmerksam wir gegenüber unseren Mitmenschen sein können. Die 20-jährige Frohnatur Sofie soll nichts weiter tun, als zu beobachten. Sie soll mit Hilfe ihrer Beobachtungen ein Gefühl für die 23 Schriftcharaktere bekommen. Es soll ihr helfen, sie leichter zu erlernen. Und doch sind es manchmal zu viele Fragen, welche die Jungautorin aufwirft. Damit geht sie immer mal über einen Gedankenanstoß hinaus, die Handlung wird minimal ausgebremst. An anderer Stelle geht es plötzlich wieder ganz schnell, als sich Sofia in der Gewalt ihres Widersachers Rafael befindet. Elias kann sie mit Hilfe eines GPS-Senders finden und mit Leichtigkeit befreien.

Sogwirkung mit offenem Ende

Nichtsdestotrotz ist es ein gelungenes Debüt, was die Jungautorin vorlegt. Selten gibt es Momente, in denen man sich von der Geschichte um die 20-jährige Sofia trennen kann. Das Buch entfaltet recht schnell einen Sog, dem man sich irgendwann nicht mehr entziehen kann. Das Ende lässt die Vorfreude auf die Fortsetzung steigen. Chapeau!

© Sophie Handschuh

The Unwritten Verse: Staub der Vergangenheit

Rating: 4.5 of 5

Sophie Handschuh

Books on Demand

Thriller, Fantasy

29. Juni 2015

978-3738618372

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