Peter Heppner: "Künstler sind politisch, aber bitte ohne politische Botschaften."

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© Mathias Bothor

Peter Heppner ist wohl jedem musikalisch interessierten Menschen schon mindestens einmal begegnet, sei der Musikgeschmack auch noch so verschieden. War es mit seiner Ex-Band Wolfsheim, diversen Zusammenarbeiten mit Nena, Schiller oder Joachim Witt, der „Beinahe-Nationalhymne“ „Wir sind Wir“, oder seinen Solo-Songs. Markanter kann eine Stimme kaum sein, auf Englisch aber auch immer wieder auf Deutsch. Aktuell sind gleich zwei neue Alben veröffentlicht, die dazugehörige Tour führt Heppner auch nach Magdeburg. Grund genug für uns, Peter Heppner ein paar Fragen zu stellen, die der sympathische Hamburger gerne in gemütlicher Atmosphäre beantwortet hat.


Gleich zwei neue Alben hatten im September die langersehnte Veröffentlichung. Warum kein Doppel­album? Wo ist für dich die Verbindung zwischen beiden Alben? Für mich fühlt es sich an wie nur ein Album. Beide wurden ja auch zusammen gemacht, somit können wir von dem einen, neuen Album sprechen. Die Songs sind auch in einem bestimmten Zeitraum geschrieben worden und dann zusammen produziert. Es gibt zwischen beiden aber auch große Unterschiede. Bei „Confessions&Doubts“ war ich bis zum letzten Ton immer dabei, hab alles persönlich betreut. Die „Tanzzwang“ haben wir schnell aus der Hand gegeben, was auch nicht so leicht für mich war, da ich eigentlich ein Kontrollfreak bin! Gerade wenn es um meine Musik geht, möchte ich eigentlich jeden Ton hören, bevor er rausgeht. Aber es war schon eine gute Idee, ein gutes Konzept. Es sollte eben die Handschrift von anderen, sehr unterschiedlichen Leuten haben und musikalisch weit gestreut sein. In der Box sind ja auch noch die Originale drin, da kann man dann den Unterschied hören.

Was ist für dich der größte Unterschied zwischen „Confessions/Tanzzwang“ und den Vorgängern? Hattest du eine andere Arbeitsweise? Ich habe mich diesmal bewusst mit meinem Komponisten Dirk Riegner zusammengesetzt, der auch ein guter Freund und mein Live-Keyboarder ist, und habe mit ihm das Album komplett komponiert, außer einige Ausnahmen, wie „Was bleibt“.

Bei der „Solo“ hab ich meine Fühler nach vielen Leuten ausgestreckt, das war nachher sogar etwas nervig, ich hatte dann 60-70 Playbacks aus denen ich auswählen musste. Hier war Dirk übrigens auch schon dabei. Bei der „Heart of Stone“ waren es schon weniger Leute, und zwar solche, mit denen ich schon musikalisch eine Beziehung hatte. Diesmal sollte es komplett anders werden, ich wollte mehr in der Hand haben, von Anfang an dabei sein.

Was kann man bei der Tour erwarten? Wird es wieder eine Art „Best of“ oder konzentrierst du dich auf die neuen Songs? Ja, es ist eine Art „Best of“, das würde ich als Fan auch wollen. Wir wissen aber noch nicht genau, wie wir die Sachen von der „Tanzzwang“ umsetzen. Eventuell als DJ Set, oder in die anderen Popsongs miteinbinden.

© Mathias Bothor

Der Song „Wir sind Wir“ war ja damals eine Art neue Nationalhymne. Heute wird der Text dazu regelrecht auseinandergepflückt, um ihn politisch links, oder rechts einordnen zu können. Bei „Fremd in diesem Land“ beschreibst du die aktuelle Lage zur Flüchtlingsproblematik aus zwei Blickwinkeln. Sollte sich ein Musiker politisch äußern? Künstler sollten sich nicht unbedingt politisch äußern, das sollten Politiker tun. Künstler sollten sich künstlerisch äußern. Es ist einfach eine andere Ebene, ein Künstler beschäftigt sich ja nicht mit Politik, sondern mit Menschen, und dem was sie bewegt und was einen selbst bewegt. Damit sollte man sich beschäftigen und auch mit aktuellen Themen. Wie in diesem Fall. Es ist mir aufgefallen, dass verschiedene Leute meinen, sie fühlen sich in unserem Land nicht mehr wohl und heimisch. Es war unheimlich interessant, wie zwei so unterschiedliche Menschen, mit völlig verschiedenem Background, zu dem gleichen Ergebnis (irgendwie fühle ich mich hier fremd) kommen. Ich stelle es hier auch so dar, um die Leute aufzufordern, mal darüber nachzudenken.

Ich empfinde es auf jeden Fall nicht als meine Aufgabe, als Künster zu sagen, ‚du musst das jetzt so oder so sehen oder empfinden‘. Das kann man als Privatperson tun. Künstler sind politisch, aber bitte ohne politische Botschaften.

„Wir sind wir“ (Anm. d. Red. bereits 2012 veröffentlicht) ist nur ein Beispiel. Es war übrigens nicht nur die AFD, die den Song für sich nutzen wollte. Wer das wann, wofür nutzt, liegt, nachdem der Song veröffentlicht ist, nicht mehr in meiner Hand. Der Song ist übrigens kein politisches Lied.

Begonnen haben solche Diskussionen schon bei Wolfsheim mit „Who is the leader“ und dann auf Deutsch. Au weia, der Peter hat ‚Führer' gesagt.

Du singst von Anfang an Deutsch und eben auch in Englisch, wann entscheidest du bei den einzelnen Songs, was es wird? Wenn ich die Gesangslinie komponiere, entscheide ich das meistens schon, also in der Regel direkt nach der Komposition des Originals. Es ist einfach so ein Gefühlsding. Was klingt geiler, mit welcher Sprache komme ich hier weiter.

War ein zweiter Song mit Joachim Witt schon lange geplant? Wir haben eigentlich immer gesagt, das machen wir nicht, wenn es sich nicht aufdrängt, also wenn nicht irgendein Lied daherkommt, wo es dann doch sein muss. Vor sechs Jahren hat mir Joachim dann „Was bleibt“ geschickt. Also teilweise, eben nur die Musik und seinen Gesangs-Part. Damals war dann seine Plattenfirma irgendwie komisch. „Die Flut“ war begleitend zu seinem Album, nun ist es logisch, das „Was Bleibt“ auf ein Album von mir kommt. Das hat ja nun aber bis heute gedauert. Es war tatsächlich Zufall, dass es genau 20 Jahre zwischen „Die Flut“ und „Was Bleibt“ waren.

Wie empfindest du die derzeitige Musiklandschaft in Deutschland? Im Moment scheint alles ähnlich zu sein, vor allem Texte von Künstlern wie Mark Forster, Tim Benzko oder Revolverheld. Da kämpft man 30 Jahre lang dafür, um deutsche Musik ins Radio zu kriegen und dann steht man am Ende da und hat dann sowas wie „Geiles Leben“ und irgendwelche komischen „Lari Fari“-Geschichten, wo man sagt, also dafür hab ich mich doch nicht krummgelegt! Man muss es aber noch anders sehen, die Musikindustrie ist unsicher geworden. Was ich mache, kann sich nicht jeder erlauben. Auf Deutsch und Englisch zu singens würden sich heute viele nicht mehr trauen. Der Markt ist halt auch sehr dünn geworden. Wenn du also irgendwo unterkommen willst, musst du sehen, dass du deine Chancen erhöhst. Also nur kein Gegenwind. Aber Johannes Oerding lasse ich mir als Nachwuchs gefallen.

Zur Veranstaltung: Peter Heppner, 8. Dezember

© Andreas Lander

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