Von Echtheitslust getrieben

Seit Tino Standhaft den Mut aufbrachte, die Songs von Neil Young auf die Bühne zu bringen, ist bewiesen: Auch bei der Legende mit der erdigen Woodstockaura ist Interpretation jenseits handwerklichen Kopierens möglich.

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© Stefan Dic

Geografisch trennen sie tausende von Kilometern. Doch durch ihre Stimmbänder sind sie gleichsam verbunden: Tino Standhaft (Sachsen) und Neil Young (Kanada). Doch das ist nicht die einzige Zutat, die die Publikumsliebe zu Standhaft und seiner Band hat wachsen lassen. Mit dem stilprägenden Sänger und Gitarristen aus Übersee, der von Folk über Blues bis zu Electronic, Garage und Grunge für enorme Stil- und Spielartvielfalt steht, verbindet den Leipziger neben multiins­trumentalistischem Können noch ein anderes, genauso festes Band: gelebtes Leben, als Musiker und Mensch.

Es ist Leben also, was keinem Plan folgte, außer dem einen, unbestechlichen: Musik zu machen, mit allem, was dem Menschen innewohnt. Und dabei sein eigenes Original zu sein. Das galt für Standhaft in der ambivalenten DDR-Zeit, als es darum ging, Rockmusik möglichst funktionärsminimiert zu leben. Dabei war er einer, der im Wechselspiel mit Kollegen aus den Line-ups von Renft, Monokel, Freygang, East Blues Experience bis zu Silly zu erleben war.

Und auch in der ambivalenten Jetztzeit erscheint er zu geradlinig für die Maschinerien der Branche. Standhaft spielte sogar bei „The Voice of Germany“ – und lieferte seine Hommage an Neil Young so intensiv ab, dass die akustische Seelenverwandschaft zu groß erschien, um als neuer Star mit kalkulierter Kante zu punkten. Eine strategische Niederlage, aber ein seelisches Notenschlüsselerlebnis. Juror Rea Garvey soll so respektvoll wie nüchtern dazu geraten haben: „Verdien dein Geld damit“. Gemessen an Kunst ohne Künstlichkeit sind Kanada und Sachsen somit nur eine Gitarrenhalslänge voneinander entfernt. Jedenfalls dann, wenn Young, weit weg, und Standhaft hier bei uns, getrieben von Spiel- und Echtheitslust, Musik von ihrer ehrlichsten Saite aufziehen.

Der Moment ist gekommen: Wer könnte besser mit der sensiblen Wucht von unplugged Neil-Young-Songs der schweißlosen Zeit der digitalen Überbrückung ein Ende bereiten? Wer es sucht, das freundliche Fanal im Saal, das einem wieder den Glauben ans fühlbare Leben in die Seele vibriert – Tino Standhaft liefert es. Musik, die einen lange abgeräumten Tisch deckt. Damit die hungrigen Seelen es hören können und daran so schnell nicht wieder satt werden: am Comeback des Lebens.

Zur Veranstaltung: Tino Standhaft meets Neil Young

© privat

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