Ende des Dornröschenschlafs

In den 1990er Jahren war der Bunker Heyrothsberge eine echte Hochburg des Nachtlebens, aber das Gelände ist seit Längerem verlassen. Eine „kulturelle Wiederbelebung“ ist aber in diesen Tagen im Gespräch.

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Die Bühnen sind klaffend leer und verstaubt. Absperrgitter und Leitern liegen wild verteilt auf den Wiesen. Hinter den Bars stapelt sich kaputtes Geschirr, Holz und Sperrmüll. Spaziert man über das verwahrloste Gelände vom „Bunker“ im Heyrothsberger Park fühlt man sich wie auf einer Lost-Place-Tour. Kaum zu glauben, dass hier noch vor ein paar Jahren große Festivals mit Hunderten von Gästen stattgefunden haben. „Beim Feast of ­Friends, das war im Sommer 2019, stand hier alles mit Zelten voll“, erinnert sich Christian Piatkowski, Postmann aus Schönebeck. Seit dem Ende der 90er-Jahre war der Bunker für ihn und viele andere Menschen eine Hochburg des regionalen Nachtlebens, erst als Musik-Kneipe, dann als Festival-Standort. „Schon vor Urzeiten im Studium bin ich dort oft und gerne mit meinen Kumpeln hingefahren, auch die Distanz war kein Problem“, so Piatkowski. Mehr und mehr vereinsamt das Gelände aber in letzter Zeit. Nur im Sommer fanden einzelne Events statt, seit Corona ist ganz Schluss. „Die rauschende Zeit ist vorbei“, meint Christian Szibor wehmütig dazu. Der Geschäftsführer der Festung Mark hat den Bunker 1991 gemeinsam mit seinem Freund Stefan Schlak aufgebaut, direkt nach dem die beiden ihr Abitur gemacht hatten. Zufällig entdeckten sie das Gelände, das nach einer Nutzung als Stasi-Bunker leer stand. Sie nahmen einen Kredit auf und erwarben das Grundstück. „Eine Kneipe im bombensicheren Bunker, das kam gut an. Direkt war es rappelvoll.“, erzählt Schlak. Zu den Hochzeiten des Bunkers kamen täglich etwa 60 Leute vorbei, da lohnte sogar eine Tages-Gastronomie – „Unsere Nudelpfannen waren legendär“, merkt er an. Später wurde auch die Außenanlage des Bunkers rege genutzt. Feast of Friends, Summer Shelter, Woodstock – das waren nur einige beispielhafte Festivals, die tausende Menschen nach Heyrothsberge zogen. Sogar für eine große Fernsehhochzeit mit Sophia Thomalla wurde das Gelände verpachtet.

Mit den Jahren ging es aber auch für Szibor und Schlak im Leben weiter - Szibor gründete die Festung Mark, Schlak startete sein eigenes Bauplanungsbüro. Plötzlich fehlte die Zeit für den Bunker. Abgesehen von einzelnen Events wurde das Gelände nicht bespielt. „Rentabel ist das nicht mehr, die Außenanlage für ein, zwei Wochenenden im Jahr aufwendig herzurichten. Da kann man es auch gleich lassen“, so Szibor. Ein Versuch, das Gelände an ein junges Bistro zu verpachten, scheiterte ebenfalls. Ganz können Szibor und Schlak ihr damaliges „Herzensprojekt“ aber nicht loslassen. „Der Bunker ist ein Kleinod, das aus seinem Dornröschen-Schlaf erwachen muss“, meint Schlak. Gerade versuchen die beiden deshalb, eine „kulturelle Wiederbelebung“ anzuschieben. „Zehn Veranstaltungen im Jahr würden schon reichen“, meint Szibor, „Es braucht eigentlich nur zwei junge Spinner wie uns damals, mit genauso verrückten Ideen.“ Gespräche mit Interessenten finden schon statt, man müsse nur schauen, ob deren Konzepte auch tragfähig sind. Viele Leute wie Christian Piatkowski verbinden mit dem Bunker schöne Erinnerungen an „rauschende Feiern und lange Nächte“. Ein endgültiger Schlussstrich für die Location wäre wirklich ein großer Verlust. Man kann also nur hoffen, dass neue Veranstaltungen kommen – und aus dem derzeitigen Lost-Place künftig wieder ein „Place to be“ wird.

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