Übergang

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14:06. Ein Pixelsturm rast auf uns zu. Die Lichtreflexe des Zuges auf dem Acker oder besser der Zugzwischenräume auf dem Feld grasen uns vom Horizont entgegen. Ein zerrendes Rauschen perfektioniert den Eindruck einer Welle, die uns in Kürze überrollen wird. Erinnert mich an einen Traum, in dem sich alles in einem Pixelmeer auflöste. Erinnert auch an den See letzten Sommer, als er in einem digitalen Massaker in sich selbst verschwamm. Ich werde den Eindruck nicht los, daß „Pixel“ ein uraltes Phänomen sein muss und gar nicht die Erfindung des digitalen Zeitalters. Eine andere Erklärung wäre, dass sich die Bildauflösung meines Auges über die Jahre verschlechtert hat – ein sogenannter Pixelfehler. Allerdings sehe ich in diesem Moment schärfer denn je. Das was uns da gleich mitnimmt, ist kein diffus-ominöser Schwarm Orbs. Und ich gehe mal stark davon aus – auch keine Sciencefictionkomödie in 3D. (Erstaunlich, wozu so eine kleine Birne fähig ist.) Kurz bevor sich Alles in Nichts auflöst, sehe ich: am Horizont fügt sich Alles wieder zusammen. SuperALLES. Ich breche nicht in Panik aus. Die Welle erreicht uns JETZT. Werden wir uns auflösen? Ist das der Beginn von Teleportation? Fährt die Deutsche Bahn hier eben ein geheimes Forschungsprojekt? Niemand am Übergang scheint sonderlich beeindruckt. Flatscreengesichter. Der Zug rauscht durch. Das Kreischen ebbt ab und der Spuk ist vorbei. Die Schranken gehen hoch. Alles und nichts sind wie vorher. 14:07 Uhr.

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