Ode an den Bötel

Wenn man von echter Magdeburger Küche spricht, dann ist „Bötel mit Lehm und Stroh“ gemeint. Nirgends in der Stadt wird das so zelebriert wie in der "Bötelstube".

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© Engelhardt

Da thront er, rosafarben und prächtig, auf einer soliden Schicht aus glänzendem Sauerkraut, mattgrünem Erbspüree und Salzkartoffeln, dass einem das hungrige Herz nur so lacht: Der Bötel in seiner schönsten Form. Wobei „er“? Richtig heißt es natürlich „das Bötel“ und in Verbindung mit „Lehm und Stroh“ ist das in der würzigen Bouillon gekochte Eisbein seit Menschengedenken eine bördetypische Spezialität, deren Tradition in Magdeburg vor allem von der „Bötelstube“ hochgehalten wird. Die Anfänge der Bötelstube liegen Anfang der 1960er Jahre. Aus den Trümmerbrachen des Zweiten Weltkriegs war in den Jahren zuvor um den Alten Markt die Neubebauung entstanden, zuletzt jenes Haus auf der Nordseite, in dem Ende 1961 die HO-Gaststätte „Bötelstube“ einzog und bereits im Namen die kulinarische Tradition der Region aufgriff. Zur Karte gehörte vor allem Deftiges, also Hausmachersülze, Pökelkamm oder Knobländer, immer donnerstags war „Schlachtefest“. 1988 kam Ondrej Horvath als HO-Gaststättenleiter in die Bötelstube, schon zwei Jahre später folgte mit dem Ende der DDR die Auflösung der „HO“ und ihrer Gaststätten. Kurzentschlossen übernahm Familie Horvath den Betrieb in privater Führung. 35 Jahre ist das jetzt her, und über die Jahrzehnte haben sich Gastwirtschaften mit deftiger deutscher Küche in Magdeburg arg ausgedünnt. Aber in der Bötelstube wird weiter aufgetafelt, längst hat Sohn Andreas Horvath im Familienunternehmen das Zepter übernommen. Zur Grundkarte mit Hamburger Schnitzel oder Kasslerkamm kommen saisonale Tagesangebote: Im Winter Grünkohlgerichte, im Frühling natürlich Spargel. Und zu all den deftigen Gerichten wird Pilsner Urquell vom Faß gezapft. Über allem steht der Bötel, der in seiner Fleischpracht ein wenig aus der Zeit gefallen sein mag, dessen mageres Fleisch dafür umso mehr mundet. Mit der Roheinwaage von rund 1,4 kg, in der Spitze bis 1,7 kg, ist er rein mengenmäßig eine Herausforderung. Zur Unterstützung der Verdauung hilft wie in alten Zeiten ein Schierker Feuerstein.

Bötelstube

Alter Markt 9, 39104 Magdeburg View Map

0391 5620397

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Mo-Sa 12-21 Uhr, So 12-15 Uhr

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