Finderlohn

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Schaust mich an mit deinen Rabenvogelaugen und brabbelst dir in den Bartflaum. Während ich deinen Worten folge, überschlägt mein neuronales Netzwerk ein paar deiner Seiten und liest den Rest quer. Gedankensprünge – zweifellos – wäre es umsichtiger, abzukoppeln. Aber ich will mir nicht entgehen lassen, wo es mich hin führt. Der Impuls, den deine Sprunghaftigkeit auslöst, sucht Wege. Mein Rechner versucht eine Parallelschaltung durch das Labyrinth. Simultan werden alle Möglichkeiten geprüft, ohne dass ein guter Ausgang klar wäre. Ein faszinierender Prozess, der auf einer anderen neuronalen Ebene beobachtet und ausgewertet wird. Ein Kunstflug. Die Energieeinsatzzentrale scheint währenddessen abgeschaltet, sonst würde sie das Manöver wegen zu hohem Bitverbrauch unterbinden und nach dem Reingewinn fragen. Der ist tatsächlich fragwürdig und die Wahrscheinlichkeit, dich richtig zu verstehen gleich Null. Nimmer mehr. Aber die Wahrnehmung und Analyse dieser Vorgänge und ein narzisstischer Neurotick, das Muster zu erkennen, die Sphinx zum Sprechen zu bringen, das Rätsel des Raben zu lösen, scheinen den Energieaufwand zu rechtfertigen. Recht fertig erscheinen mir in diesem Zuge auch meine eigenen Wege, die zugunsten deiner Gleisahnung brachliegen. Verschränkte Einsicht und Flugroststellen hinterm Komma. Das Lämpchen blinkt. Mein Impuls hat die Weichen richtig genommen. Wir kreuzen. Ein Satzfetzen erreicht mich. „Sag mal, wo suchst du denn die Inspiration?“ fragst du gerade. „Vielleicht in ... ?“ Vielleicht entgleist in diesem Moment mein Gesicht. Jedenfalls gehen die Schranken hoch und eine meiner Brauen. Scherzest du? Eine Nachträglichkeit erläutert mir, du meinst es ernst. In einem Anflug von Erdenschwere, betrachte ich dich. Wir sind ungleich geknüpft. Ein Hauch hebt mir das Federkleid. Erleichtert breite ich die Flügel aus. Flugs verliert das Labyrinth die Ausweglosigkeit und gibt nebenbei seine ungefähre Lage preis. Etwas verrückt aber beinahe mitten im Paradies – dein Irrgarten Eden. Wenn du nicht irrst, irre ich. Inspiriert kreise ich ein paar Augenblicke und lasse mich von einem Aufwind anheben. Es ist ohne Bedeutung, wenn man ihm keine zumisst. „Sinn und Unsinn existieren nur als Definition“, krächze ich, „mich darfst du nicht fragen“

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