Plädoyer fürs Heiraten

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Eigentlich bin ich mit mir zufrieden. Sehr zufrieden sogar. Ich liebe alles an mir, trotz einiger der alltäglichen Norm widersprechenden Unzulänglichkeiten:

Meine großen Onkel wirken im Vergleich zu den anderen Zehen viel zu klein, was aber aufgrund ihrer starken Behaarung nicht weiter auffällt. Auch die Waden sind viel zu dick, kompensieren aber die dünnen Oberschenkel. Bauch und Hüfte harmonieren prima miteinander, ästhetisch, aber auch praktisch. Knappe Badehosen werden vorne wie hinten gehalten und überbrücken straff die Michelinröllchen. Und das der Bauchnabel zwischen meinen Brustwarzen liegt, hat einfach damit zu tun, dass die im Laufe meines Lebens immer weiter nach unten gewandert sind.

Auch mein Charakter ist völlig ok, sympathisch und liebenswert. Ich kann mich nicht erinnern, mit mir mal Streit gehabt zu haben. Wirklich, nie. Nicht mal gezweifelt habe ich an mir. Ich finde, ich bin der perfekte Partner. Ich kann das auch gut erklären. Warum sollte man mich nicht gerne haben? Wollte meine Lieblingsliebste aber nicht hören. Als ich die Frage, ob sie mich heiraten will, mit einer kleinen Präambel zu meiner Person eröffnete, meinte sie, ohne dabei zu lachen oder verschmitzt zu gucken, „Heirate Dich doch selbst“.

So habe ich das noch gar nicht gesehen. Es gibt sie doch – die Liebesheirat! Scheidung unwahrscheinlich, keine Ignoranz, kein Streit. Nur Lob, kleine Aufmerksamkeiten, immer die richtigen Geschenke, pure Harmonie und echte Liebe. Auch finanziell gibt‘s nur Vorteile. Steuerlich, beim Einkauf und ich muss mit niemanden teilen außer mit mir selbst. Sologamie heißt das Zauberwort. Sich selbst zu heiraten, ist in Deutschland aber leider nicht möglich. Noch nicht. Ich gründe hiermit schon mal eine Interessenvertretung. Wer sich auch selbst heiraten möchte, kann gerne beitreten. Wir müssen uns aber mögen. (oleheiratet)

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