Saus & Braus

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Es gibt ein deutsches Wort, das hat Wucht wie ein Vorschlaghammer. Es kann komplette Argumentationsketten ad absurdum führen und sogar die Rechtslage ändern. Es ist noch viel mächtiger als „ja aber trotzdem“, mit dem die wortgewandte deutsche Ehefrau noch jeden Willen durchgesetzt hat: Keine Verkehrsregel kommt an gegen das Wort „RASEN“: „Hey, das ist ein Radweg!“ „Wenn Sie nicht so rasen würden, hätten Sie noch Zeit, uns auszuweichen.“ „Ich bin gerollt!“ „Eben, sag‘ ich‘s doch!“ Oder: „Haben Sie denn nicht geschaut, bevor sie über die Straße gingen?“ „Doch, aber ich konnte nicht damit rechnen, dass das Auto so angerast kommt!“ Und schon ist der Fahrer in Erklärungsnot. Wer Vorfahrt hatte, interessiert nun nicht mehr, auch nicht die tatsächliche Geschwindigkeit. Ich selbst habe aufgrund einer Raseranschuldigung dereinst vor Gericht eine Teilschuld wegen unangemessener Geschwindigkeit bekommen, obwohl ich mich noch 10 km/h unter der zulässigen Höchstgeschwindigkeit befand! Ha! Panse, du Raser! Fünf Buchstaben, die die Welt verändern! Was bedeutet eigentlich „rasen“? Sich in großer Eile sehr schnell fortbewegen, flitzen, pesen, düsen, zu schnell fahren. Doch keins der Synonyme reicht in irgendeiner Form ans Original heran. „Der Angeklagte ist zu schnell gefahren“ – „das können Sie nicht beweisen!“ Nein, damit kommt man nicht durch. „Er ist gerast“, dagegen ist nicht greifbar – es ist ein Gefühl und Gefühle sind weder beweis- noch widerlegbar. Gleichzeitig schwingt auch immer die Bedeutung „rasend vor Wut“ mit: Wer rast, der ist nicht Herr seiner Sinne. Und genau darum rast auch niemand selbst. (Fast) alle fahren gern und oft schnell, ja zu schnell. Also zügig. Gern auch rasant. Aber nie rasend! Nein! Das tun immer nur die anderen.

Wie so oft im Leben!

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