Bittersüßer Beigeschmack

Die im April gesprochene Kündigung für Gonzalo Galguera, Chef des äußerst erfolgreichen Magdeburger Balletts, hat Wellen geschlagen. Vor allem aus dem Publikum heraus formiert sich mittlerweile erheblicher Widerstand.

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© Katrin Freund

Da sitzt er im Ballettsaal, schaut durch die Panoramaglasscheibe hinunter auf die Altstadt und schweigt. Schüttelt den Kopf. Dann kommt es aus ihm heraus: Auf dem Flur hat er es so halb nebenbei vom Personalleiter erfahren, dass sein Vertrag mit Beginn der neuen Intendanz 2022 endet. Kein Gespräch gab‘s, wie man das erwarten dürfte für einen von seinem Format, der in 17 Jahren die Magdeburger Ballettcompagnie mit großem Erfolg anführte. „Das war stil- und geschmacklos, eine surrealer Moment, der mich schockiert hat.“  

Tobias Wellemeyer hatte Galguera 2005 nach Magdeburg geholt. „Das war für mich ein Geschenk.“ Schon damals geriet er in den Strudel eines Strukturwandels. Damals war es die anstehende Fusion von Kammerspielen und Opernhaus.

Seinen Einstand gab Galguera mit „Credo“, einem dreiteiligen Tanzabend aus klassischem, abstraktem und erzählerischem Teil. Damit zeigte er die mögliche Bandbreite des Balletts. Sein Magdeburger Publikum aber fing er wohl endgültig 2008 mit der Erweckung des „Debütantenballs“. Sein Comment: „Jetzt ist die Maus da“. Durch seine choreografische Entwicklung entstand über die Jahre ein umfangreiches Repertoire an klassischem Handlungsballett, Balletts mit literarischen Vorlagen, auch abstrakte & zeitgenössische Kammerstücke.

Nun sind mit Intendantenwechseln verbundene Neuanfänge im künstlerischen Bereich nichts Ungewöhnliches. Im Gegenteil. Aber längst gibt es Widerstand gegen diese Entscheidung und die kommt ausgerechnet vom Magdeburger Ballettpublikum, das Galguera über die Jahre in die Arme geschlossen hat. Die von Heike Gabriel initiierte Online-Petition auf change.org monierte, die Kündigung wäre „eine der ersten fatalen Amtshandlungen“, hatte nach kurzer Zeit bereits knapp 2000 Unterschriften. In scharfen Worten wird darin die Entscheidung des kommenden Intendanten Chavaz infrage gestellt. Auch heißt es, Galguera „sorge für volle Zuschauerränge und eine gut gefüllte Theaterkasse. Seine Aufführungen berühren und erzählen Geschichten, die weit über die Grenzen der Landeshauptstadt Beachtung gefunden haben.“

Bis heute trainiert der 52-jährige jeden Tag mit seiner Compagnie. „Der Tanz hat mir nicht gekündigt, mein Vertrag wurde von einem Mann, der mich nicht kennt, nicht verlängert.“ Bitterkeit spricht aus diesen Worten.

Erstmal kommt jetzt der Sommer. Im Herbst beginnt seine letzte Spielzeit in Magdeburg. Neben Wiederaufnahmen wird es zwei Premieren geben, im Oktober das Handlungsballett „Paquita“, eine weitere im Frühjahr. Im Sommer 2022 ist alles vorbei. Was kommt dann? Darüber hat er sich noch keine Gedanken gemacht, wie denn auch. Nur soviel: „Ich stehe dem Neuanfang mit offenen Armen gegenüber und werde dort sein, wo der Tanz mich ruft.“

Hier geht es zur Homepage von Gonzalo Galguera mit zahlreichen Eindrücken seiner Arbeit

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