Mut zur Mitte

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© Viktoria Kühne

Eine Frau wird von einem Stalker belästigt. Jugendliche beobachten es und gehen dazwischen. Andere hingegen laufen vorbei und schauen weg. Eine alltägliche Szene. Viele Menschen haben Angst vor den Konsequenzen von couragiertem Handeln im Dienste der Allgemeinheit. Sich vielleicht selbst gefährden? – bloß nicht. „Es ist sicher schwieriger als Einzelner mutig zu sein, als in einer Gruppe“, sagt Domprediger Giselher Quast. Er weiß, wovon er redet. Im Herbst 1989 hielt er gemeinsam mit Waltraut Zachhuber die Montagsgebete um gesellschaftliche Erneuerung im Dom trotz steigender Bedrohung durch die möglichen Repressalien des sehr präsenten Staatsapparates. Zivilcourage, sagt Quast, kann viele Gesichter haben. Man muss nur den Mut dazu aufbringen, sich zu engagieren. Er hatte damals den Mut, trotz drohender Gefahr und hoher Verantwortung für die Menschen im Dom, die Gebete jeden Montag abzuhalten. Zivilcourage kann allerdings schon beim alltäglichen Weg zur Arbeit notwendig werden. Etwa, wenn eine Frau in der Straßenbahn von einem Mann angepöbelt wird, und sie um Hilfe ruft. In solchen Momenten spielt für den Domprediger der Gerechtigkeitssinn des Einzelnen mit hinein. Deswegen ist Zivilcourage für ihn „immer mehr eine Frage des Herzens, erst dann des Verstandes.“

Am 22. Februar ist er eine von 30 Stimmen aus Politik, Kultur, Sport und Gesellschaft, die beim zehnstündigen Lesemarathon des Zivilcourageprojektes „Otto greift ein“ im Allee-Center an den zivilen Mut des Einzelnen appellieren. Quast sieht in seiner Teilnahme die Chance, Passanten durch deren Beziehung zu den Menschen, die lesen, für Zivilcourage zu sensibilisieren. „Sie nehmen Persönlichkeiten wahr, die sich engagieren. Die vorgetragenen Texte können Interesse für das Thema wecken“.

Dreißig Stimmen für Cou­rage, 22. Februar, 10-20 Uhr, Allee-Center

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