Tiers in Heaven

by

Geduldig wartet ein Reh am Straßenrand auf uns, entscheidet sich im entscheidenden Moment aber für den Sprung in den Wald, denn zwischen die Lichter. „Hey!“, fährt es mir beim Bremsen durch den Kopf: „War das Reh2017?“, während alle Insassen im Chor „Ohr Papaaa!“ rufen und wieder hellwach sind. „Reh2017?“, werden Sie fragen. Ja, denn während beim Menschen die Evolution abgeschlossen scheint, verfolgen wir die der Tiere praktisch live. Mehr noch: wir treiben sie voran. Ich frage mich seit Jahren, ob ich es noch erlebe, dass diejenigen heimischen Wildtiere, welche sich nachts in Scheinwerfer stürzen, ausgestorben sein werden und ausschließlich von denen überlebt wurden, die das nahende Licht fürchten und meiden. Wenn Darwin und Mendel irgendwie Recht haben sollten, so wären erste Zuchterfolge nach fast 150 Jahren Auto wohl zu erwarten.

Doch die Auslese durch Menschenhand kann auch in ungewünschte Richtung laufen. Ich beobachte das schmerzlich Jahr für Jahr bei Mücken: Vorbei die schöne Zeit, da man nachts nach Erklingen des verhassten Geräuschs Licht machte und nach kurzem Rundblick das Mückenvieh praktisch mit dem Daumen an der Tapete plattrücken konnte. Später erlegte man sie wenigstens noch mit einem geübten Kissenwurf. Doch schon Mücke2016 ließ sich mit dem Einschalten der Nachttischlampe auf die bunt gemusterte Bettdecke nieder oder schlich zwischen Wand und Bett, wo sonst nur Staub­elefant und Popel hausen. Fand man sie dennoch, flog sie schneller weg als eine Fliege und war somit schlaftrunken schwerlich zu erlegen. Es wird mir bang, wenn ich an Mücke2017 denke! Ich freu‘ mich stattdessen auf Wildschwein2020. Das wird dann Ampeln benutzen und Mülltonnen öffnen können. Welch‘ Wunder der Natur!

Back to topbutton