„Was ist unsere Wirklichkeit?“

Die Wiener Regisseurin Anna Bernreitner inszeniert Sergei Prokofjews "Die Liebe zu den drei Orangen", eine Oper, die in einer Märchenwelt spielt. Ein Gespräch.

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Frau Bernreitner, in Beschreibungen der Oper „Die Liebe zu den drei Orangen“ fallen häufig Begriffe wie Witz und Ironie. Wie ist das zu verstehen?

Das Werk ist eine Parodie auf die Oper an sich und ihre Mechanismen. Es gibt zwei Ebenen, die klare Geschichte der Märchenwelt vom Prinzen, der nicht lachen kann, mit Zauberer und Hexen usw. und den Chor, der während der gesamten Zeit auf der Bühne ist und über das Stück diskutiert, Wünsche über dessen Verlauf äußert und auch mitunter in die Handlung eingreift.

Unterscheiden sich diese Ebenen optisch?

Die Ausstattung hebt die Trennung deutlich hervor. Der Chor trägt beispielsweise nüchtern weiße Einheitsanzüge. Die Märchwelt präsentiert sich dagegen bunt, prächtig, effektvoll und überraschend.

Steht hinter Ihren Überlegungen für die Inszenierung ein bestimmtes Konzept?

Es geht um die Frage, was ist unsere Wirklichkeit. Die Figuren aus der Märchenwelt wissen nicht, dass sie beobachtet werden. Sie glauben, sie sind allein in ihrem Lebensbereich. Sie wissen nicht, dass der Chor zuschaut und ihre Welt auch beeinflusst. Wir wollen zeigen, dass wir immer nur unseren begrenzten Teil der Wirklichkeit sehen, nie 100 %. Unsere Wirklichkeit ist immer durch unsere Sozialisierung und unsere Werte gefärbt.

In der Ankündigung der im Original französischsprachigen Oper ist überraschenderweise zu lesen, dass Deutsch gesungen wird. Warum? 

Das ist publikumsnäher. Nicht nur der Prinz soll lachen auch das Publikum. Es gibt zwar keine Dialoge, die Oper, ist durchkomponiert aber eben sehr dialogisch. Sie bietet eine sehr vielfältige reich instrumentierte Musik mit schnellen und direkten Wendungen. Ein dreiminütiges durchkomponiertes Lachen des Prinzen befreit ihn von seinen Krankheiten. Zwischen den Empfindungen vermittelt aber keine psychologische Brücke.

Die Inszenierung wird als eine Ko-Produktion mit der Opéra nationale Lorraine in Nancy und dem Theater St. Gallen angekündigt. Was bedeutet das?

Ich setze in den drei Städten jeweils die gleiche Inszenierung um. Sänger und Orchester sind jeweils sozusagen hauseigen. Im konkreten Fall wurde die Bühne in Magdeburg gebaut, die Kostüme wurden in Nancy angefertigt. Das spart und festigt internationale Verbindungen.


Die Regisseurin:

Anna Katharina Bernreiter, geboren 1986, studierte Musiktheaterregie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. 2011 gründete sie die Künstlergruppe "Oper rund um", um Opernproduktionen an ungewöhnlichen Orten und vor allem unter freiem Himmel zur Aufführung zu bringen. Dabei wird mit Formen und Strukturen experimentiert. Oberstes Ziel des Projektes ist es, Oper lebendig zu machen. Am Magdeburger Theater eröffnete sie die Ära Chavaz mit der umjubelten Inszenierung des „Goldenen Hahns“ von Rimski-Korsakow.

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Opernhaus/Theater Magdeburg

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 Abendkasse öffnet eine Stunde vor Vorstellungsbeginn.

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