Der Zaun summt

Im Stück Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute geht es um deutsche Erinnerungskultur oder, klarer ausgedrückt, um die Frage, wie der Einzelne handelt, wenn um ihn grauenvolles Unrecht geschieht.

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© Anjelique Conrad

Der Zoo steht auf einem Berg. Einträchtig leben Paviane, Mufflons, das Murmeltiermädchen und andere zusammen. Es geht ihnen gut, Aussicht und Essen sind prima. Dann aber kommt ein neuer Bewohner, ein Bär aus Sibirien, und stellt unangenehme Fragen: Wieso riecht es so komisch? Wohin sind die Vögel verschwunden? Warum steht auf der anderen Seite des Zauns ein Schornstein? Und woran ist das Nashorn aus Bengalen gestorben, das vor dem Winter noch Mit-Zoo-Bewohner war?

Den Zoo hat es tatsächlich gegeben. Der Kommandant des KZ Buchenwald, Karl Koch, ließ ihn 1938 im Lagers anlegen, zur Erholung für die Mitglieder der SS-Totenkopfstandarte Thüringen, mittendrin auch ein Bärenzwinger plus Baum zum Klettern. So konnten die Tiere sehen, was hinter dem summenden, brummenden Zaun passiert. Jens Raschke hat aus dem bedrückenden Stoff ein quer durch die Republik viel gespieltes Theaterstück gemacht, das sich an Menschen ab 10 Jahren richtet und im Kern die Frage stellt, wie der Einzelne handelt, wenn um ihn herum grauenvolles Unrecht geschieht. Anders: Wie vermittelt man das Grauen der NS-Zeit an Kinder? „Das Stück funktioniert, weil es aus der Perspektive der Tiere erzählt wird“, beschreibt es Dramaturgin Miriam Locker. Der Bär ist dabei der Protagonist und Sympathieträger des Stücks. Pavian (Bloß die Fresse halten), Mufflon (Mitläufer) und Murmeltiermädchen lavieren dagegen zwischen Schweigen, Abwinken und Ermahnung, der eine mehr, die andere weniger. Warum muss man Dingen auf den Grund gehen? Kann es nicht weitergehen, wie immer: Fressen, Schlafen und Erwartungen erfüllen? Nein, kann es nicht!

Das Stück in Regie von Leonhard Schubert geht den Dingen auf den Grund und hat drei Perspektiven: zum einen Menschen (Spiel: Linda Mattern, Freda Winter, Lennart Morgenstern, Kaspar Weith), die die Geschichte erzählen, naturalistische Puppen und schließlich abstrakte Tierbüsten zur Versinnbildlichung einer Erinnerungskultur. Und am Ende agiert der Bär …

Aufführungstermine

© Jesko Döring

Puppentheater

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