Endzeittagebuch – Part I: The Rob After Tomorrow

Nachgeschaut #61, Juli 2020 - Gruseln mit Gretel, Ducken mit Daniel, Anime Nights im Überblick und Filmtipps aus dem lokalen Programmkino. Willkommen im Second-Wave-Corona-Wahnsinn.

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© Robert Grycke

Hygienekonzept für diese Kolumne: Bitte gründlich die Augen mit Seife auswaschen!

Und hier sind wir: Juli. Das C-Wort ist zum Alltag geworden. Unser Lieblings-OB zieht einen Local Lockdown für Neue Neustadt in Betracht. Und sowieso gehört Magdeburg nach der anfänglichen „Wir machen alles richtig“-Euphorie, plötzlich zu den „Landkreisen mit hohen Infektionszahlen“ - aber immerhin: wir gehören irgendwo dazu. Glücklicherweise (noch) nicht bei den Kinoschließungen, die mittlerweile ebenso infektiös um sich greifen, wie das C-Virus selbst. Deutschlandweit sehen sich Programmkinos bedroht; in Magdeburg macht eines Ferien, eröffnet eines neu und nimmt das andere den Spielbetrieb wieder auf. Verschobene Blockbuster-Kinostarts und das aktuell noch repetitive Kinoprogramm locken nur wenige Menschen in die Säle. Die Laufkundschaft, das Blockbusterpublikum, fehlt. Also die Torben-Michaels und Jennifer-Emanuelles von nebenan, die Kinopreise „abartig schlimm“ finden, deshalb nur einmal im Jahr zum neuen Christopher-Nolan-Film gehen, um sich anschließend in einem dreistündigen pseudofachlichen Kritik-Gewichse daran aufzugeilen, dass „Nolan, der beste Filmemacher aller Zeiten“ ist und sich den Rest des Jahres lieber für vier Euro eine 75-Gramm-Packung Bio-Cashewkerne aus dem Supermarkt holen und für 15 Euro das „gute Gras“ von ihrem 'Nachbarn', um das Naschwerk auf der heimischen Couch zu verknuspern. Während der halbherzige Paarungsversuch des nachhaltigen Twenty-Something-Müsliduos von einer gut kuratierten Netflix-Watchlist untermalt wird, deren Abo Torben „über Mutti mitnutzen“ darf. Und Arthouse-Fans schauen die Low-Budget-Streifen jetzt erst Recht in den wiedereröffneten Programmkinos. Würde mir persönlich ja eher die Zunge abfaulen, bevor ich das täte, schließlich gibt's Cashewnüsse online viel günstiger zu kaufen.

Nur im Kino: Gretel & Hänsel

„Gretel und Hänsel“ erzählt natürlich die bekannte Mär, von zwei Pennälern im Kannibalenhexenwald, als Horrorfilm; diesmal mit einem unelegant großen Ausfallschritt in Richtung Okkullthorror. Auf dem Regiestuhl nahm Oz Perkins Platz, der vorher zahlreiche atmosphärische Gruselstreifen abgeliefert hat, obgleich ohne kommerziellen Überflieger. Kann man kennen, zum Beispiel von „The Black Coat's Daughter“ - muss man im Zweifelsfall aber auch nicht. Wen man hingegen kennen kann ist Sophia Lillis als Gretel. Die hatte ihren Kinodurchbruch als jugendliche und äußerst kämpferische Beverly Marsh in der neusteren Adaption von Stephen Kings „Es“ und lieferte auch zuletzt in der Coming-of-Age-Comic-Adaption „I'm not okay with this“ sauber ab. Lirum, larum: Warum solltest Du nun den Horrorfilm „Gretel und Hänsel“ im Kino schauen? Solider Grusel, mit weniger Jumpscares als man denkt, brauchbaren Effekten und zumindest so etwas Ähnlichem wie einem neuen Ansatz bei der Story.

Auch nur im Kino, aber mal sehen wie lange noch: Guns Akimbo

Moderner Actionfilm? Das bedeutet Irgendwas mit Internet, fetzige Emoji-Grafiken und charmante Nobodys. Das alles liefert „Guns Akimbo“ sauber ab. Daniel Radcliffe spielt den abgewrackten Programmierer Miles, der nach einer Online-Trollerei, zwei halbautomatische Feuerwaffen an die Hände genagelt bekommt und unfreiwillig Teilnehmer eines Deathmatches wird. „Skizm“ streamt die Deathmatches zwischen Kriminellen und Idioten – und kriminellen Idioten – live, erreicht damit Rekordzahlen und wir dürfen uns an einer Menge Peng, Bumm und Blut erfreuen. Der Streifen von „Deathgasm“-Regisseur Jason Lei Howden hat bisweilen ein seltsames Tempo, genügt ansonsten aber zu einem kurzweiligen Kinobesuch.

Service-Gedöns I: Alle Anime Nights im Überblick

Irgendwo im Äther der Kinonews erreichte mich auch der Hinweis, dass die „Kazé Anime Nights“ wieder stattfinden. Wer also Animes auf großer Leinwand sehe will, verirrt sich wahlweise ins Cinemaxx oder ins Cinestar. Mit dabei sind bekannte Franchise-Titel wie „Detektiv Conan“, irgendwas mit Girls und untenrum, Drachenzahnärzte und unterirdische Höhlensysteme. Ach Nippon, I love you! Hier kommen die anstehenden Termine mit Einzeiler zum Inhalt.

Service-Gedöns II: OLi-Kino ist im Urlaub

Das OLi macht übrigens im Juli Kinoferien, hab extra angerufen und nachgefragt. Ende August geht es dann mit Ferienkino und Bikertreffen weiter. Auf der Website finden sich übrigens auch weiterhin Möglichkeiten, um für den Erhalt zu spenden.

Moritzhof // Retrospektive: Michel Piccoli

Kennst Du „Michel Piccoli“? Sei ehrlich! Nicht schlimm. Aber wer ein bisschen Herz für französisches Kino hat, hat im Mai diesen Jahres sicherlich einmal schwer geseufzt, als der Charaktermime aus Filmen wie „Der Maulwurf“ (1981) oder „Das große Fressen“ (1973) verstarb. Anlässlich dessen zeigt der Moritzhof eine Handvoll ausgesuchter Piccoli-Titel im Rahmen der Franko.Folie; darunter „Tagebuch einer Kammerzofe“ (1964) und „Die Dinge des Lebens“ (1970).

Wer macht was und warum überhaupt? Antworten, ich will Antworten: rob@dates-online.de 

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