Marcel Brell: „Ich glaube, dass du nur frei wirst, wenn du dich entscheidest.“

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© Johanna Richter

Erfolgreich als Produzent und inzwischen auch als Musiker. Der 34-Jährige Marcel Brell, ausgezeichnet mit dem Fred Jay-Preis für deutschsprachige Liedtexter, lebt gerade seinen Traum und belebt die deutsche Poplandschaft. Auf seinem Zweitwerk „Sprechendes Tier“ zeigt er erneut die Vielfalt der deutschen Sprache und bezaubert mit seiner geschmeidigen Stimme, ohne dabei beliebig zu sein. Vor seiner Tour verriet uns der Künstler, ob er verliebt ist und warum es wichtig ist, sich im Leben zu entscheiden.


Du bist aktuell auf Promo-Tour. Wie hat sich deine Popularität im Vergleich zum ersten Album verändert. Werden deine Songs schon im Radio gespielt? Inzwischen habe ich auch mehr Radiointerviews bei großen Sendern wie NDR2, MDR, Radio Berlin und die Songs werden dann eher in Formaten wie „Neue deutsche Songwriter“ gespielt. Ob es eine Rotation gibt, da sind wir noch dran. Für mich ist auch immer die Tour das wichtigste. Es wird die größte Tour, die ich je gespielt habe. Inzwischen habe ich schon 13 Touren gespielt!

Waren die Auftritte als Support von A-HA die größten? Mit insgesamt 60.000 Leuten war es auf jeden Fall das größte Publikum, das ich erreicht habe.

Dein 1. Album bezog sich auf deine Lebensgeschichte. Was sind diesmal die Themen? Es sind explizite Liebesgeschichten dabei und es geht mehr um Spaß an der Musik. Das Cover ist auch comicmäßig bunt. Ich finde es insgesamt unterhaltsamer und nicht mehr ganz so schwer wie das 1. Album.

© Marcel Brell

Wie persönlich ist der Song „Sprechendes Tier“? Geht es um eine Beziehung von dir? Ja, als ich frisch nach Berlin kam, bin ich auf jeder Party herumgeturnt und wusste nicht, was ich eigentlich will. Da gab es auch Beziehungen, die daran gescheitert sind. Und es gibt halt auch manchmal Konstellationen, wo nur heiße Luft ausgetauscht wird, anstatt einfach klar zu sagen - ich will dich oder ich will dich nicht. Beim Texten dieses Songs wollte ich alle nichtssagenden Floskeln aneinanderreihen.

Bist du privat eher Löwe oder Pantoffeltier? Beides, damit wollte ich diese Hin- und Hergerissenheit darstellen.

Bist du aktuell verliebt? Ja, obwohl es das Lied „Im Theater“ auf dem Album gibt, wo ich singe „Die Liebe des Lebens hab ich nicht gefunden“. Aber der Song ist schon fast zwei Jahre alt. (schmunzelt)

Ist das Tourleben vereinbar mit einer Beziehung? Es ist nicht einfach, aber es ist wie bei allem im Leben eine Frage der Prioritäten. Es gibt zwei Personen, denen ich zutraue, dass sie wirklich keine Zeit haben, das sind Herr Trump und Frau Merkel. Es gibt immer einen Weg zu kommunizieren und ich renne auch nicht von Termin zu Termin, es ist alles noch schaffbar.

„Aber wir lieben uns nicht“ mit Alin Coen – ist so eine schöne Freundschafts-plus-Geschichte, wie viele unserer Generation erleben. Ist dir das auch privat passiert? Ja. Es geht um eine Mann-Frau-Geschichte, wo diese eine entscheidenene Sache fehlt, die Liebe. Es gibt ja den Spruch zwischen Freunden, wenn wir niemanden finden, dann heiraten wir halt. Witzig gemeint, aber eigentlich total unbefriedigend. Ein Pragmatismus, den man in unserem Alter noch nicht anwenden sollte.

Alle deine Songs passen auch in die „tinder-Zeit“, wo keiner sich entscheiden will und immer auf der Suche nach dem Bestmöglichem ist. Ja, genau, denn das Album sollte auch aktuell sein und es bezieht sich auf verschiedene Lebensentscheidungen. Daher gibt es auch den Song „Frei zu sein“. Ich glaube, dass du nur frei wirst, wenn du dich entscheidest. Es ist paradox, weil man sich ja alle Möglichkeiten frei halten will. Das musste ich auch erst kapieren, aber wenn du dich entschieden hast, erst dann bist du Herr deines Schicksals.

Darin heißt es „Ich muss mich vom Streben nach Freiheit befreien“. Du hast dich ja auch dafür entschieden, Musiker zu sein. Erfüllt dich das Musikerleben im Vergleich zum Produzentendasein mehr? Ja, es ist viel befriedigender, weil die Rückmeldung direkt ist. Als Produzent war ich so eine Art Ghostwriter, aber ich wollte meine eigenen Geschichten erzählen.

Yvonne Catterfeld sagte „viele deutsche Künstler machen oberflächliche Musik, trauen sich nicht politisch zu sein oder eine Botschaft zu vermitteln.“ Politik nicht anzusprechen, heißt noch lange nicht, dass du oberflächlich bist. Ich fühl‘ mich dem nicht gewachsen, politisch was zu sagen und ich sehe es nicht als Aufgabe eines Musikers, sich allgemein politisch zu äußern. Ein Musiker ist zunächst ein Unterhalter. Was sie sicher noch meinte, dass viel Musik sehr phrasenhaft ist, das stört mich auch. Das wissen im Grunde auch die Redakteure, vor allem im Radio. Es ist ein Paradoxon. Sie sagen, wenn du einen Song machst, der so klingt wie die Songs im Radio, dann heißt es, es klingt nicht besonders. Wenn du hingegen Lieder machst, die besonders klingen, sagen sie, dass ist zu speziell, das können wir nicht spielen. Ziemlich absurd.

Mit welchem Gefühl gehst du auf die bevorstehende Tour, und was nimmst du von den Konzerten mit?  Zum ersten Mal kommen flächendeckend mehr Leute und ich freue mich einfach, weniger zittern zu müssen, ob ich nur vor 3 Leuten stehe. Ich kann auch meistens die Nacht nach einem Konzert nicht schlafen, denn ich mache genau das Zeug, was ich machen will und den Quatsch, den ich mir ausdenke, mögen die Leute. Das ist eine große Ehre und es fasziniert mich! (glücklich)

Zur Veranstaltung: Marcel Brell, 18. März

© Engelhardt

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