Wunder der Technik

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Ich stelle mein Süppchen in die Mikrowelle und wähle drei Minuten volle Power. Nach zwei Minuten tut sich was und nach zweieinhalb Minuten bekomme ich es mit der Angst, reiße die Tür auf und erlöse die Schüssel von ihrem Leiden. Wie Schweißperlen auf ihrer Stirn steigen noch ein paar letzte Bläschen empor. Armes Ding! Auf der Anzeige des Geräts stehen noch genau 30 Sekunden. Das ist nicht viel Energie – aber genügend, um in der entscheidenden halben Minute meine Suppe zum Explodieren zu bringen. Was ich mich seit Jahren frage: Ist die Mikrowelle nun in einem geladenen Zustand? Geht sie kaputt, wenn man sie lange so stehen lässt? Entlädt sie sich allmählich und stehen dann irgendwann nur noch 15 Sekunden im Display? Wie ist denn dann die Halbwertzeit einer Mikrowelle? Und falls sich die Anzeige nicht verändert, aber trotzdem nur die Hälfte der Energie noch drin ist, bleibt sie dann bei 15 Sekunden stehen oder vergeht die Zeit dann lang­samer? Das alles raubt mir den Schlaf. Ich spüre die Spannung einer aufgeladenen Mikrowelle oftmals durch Wände hindurch. Ich stehe nachts auf und stelle sie auf Null. Doch wohin geht die verbleibende Energie? Tropft sie wie das Kondenswasser beim Kühlschrank durch einen Schlauch in der Rückwand nach draußen? Moderne Mikrowellen speisen die Energie sicher wieder ins Stromnetz ein. Das erscheint mir gar nicht dumm. Gerade in Zeiten bewegter Strompreise lädt man sich 20 Minuten billigen Strom in die Mikrowelle und speist ihn ein halbes Jahr später wieder ins Netz ein. Ach was, so lange muss man gar nicht warten. Man wechselt einfach von einem billigen Anbieter zu einem richtig teuren und lässt dann erstmal die Zähler kräftig rückwärts laufen. Klar mit 20 Minuten lohnt sich das nur bedingt. Aber drei, vier Mikrowellen hat ja mittlerweile jeder im Haus. Da kommt schon was zusammen! Das allein klingt schon spannend. Aber die Krönung deutscher Ingenieurskunst ist und bleibt mein Cousin: Der ist Elektroingenieur und hat mit dem Lötkolben seine Mikrowelle so modifiziert, dass er warme Essensreste darin auf Zimmertemperatur runterkühlen kann und dabei die Uhr hochzählt – also Strom erzeugt! Kein Scheiß!

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