Alles ist entweder zum Lachen oder Weinen. Ist es das? Tucholsky wechselte mit seinen vier Pseudonymen stets die Rollen. Mimte den Ersten. Dann der Zynischen. Oder Naiven. Sein meisterhaftes Werk umfasst alle großen und kleinen Relevanzen seiner Zeit. Und ist dabei überzeitlich gültig. Denn der Mensch ist, wie er ist. Ein Idiot. Und ein Zauberer. Und so vielschichtig ist das Werk des großen Dichters der Weimarer Republik. Reutter indes gilt als Frohnatur. Ein Unterhalter. Mit doch eher seichter Kost. Und dennoch schleichen sich in seine Verse immer wieder tucholskyeske Weisheiten ein, die so lapidar daherkommen, dass man sie beinahe als Zufall überlesen könnte. Max Heckel präsentiert beide Dichter auf seine eigene Art. Er singt fremde Verse in eigenen Melodien und macht sich die Inhalte so zu eigen. Reutters eigene Melodien sind dabei nicht relevant. Denn jede Interpretation ist eine Chance. Und so geben sich ein großer Dichter, ein Unterhalter und ein altmärkischer Sauerkrautmusiker die Klinke in die Hand. Streng genommen gibt sich nur der Unbekannte die Klinke weiter. Aber wenn Unbedeutsame über Bedeutsame spotten, sie wertschätzen und neu mit Leben erfüllen, so offenbart sich dieser Umstand stets als Chance. Und so präsentiert Heckel laute und leise Töne, Gescheites und Seichtes – und dies vor dem Horizont einer Zeit, deren politischen und gesellschaftlichen Realitäten die Kultur beinahe zur Satire zwang (und zwingt). Denn im Heute steckt noch jede Menge Weimar.
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