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Das „Baumkronenhaus“ in der Otto-Nagel-Str 7/8 hat neue Wohnungszuschnitte bekommen
Arbeiter-Wohnen im 19. Jahrhundert
Gestern: Teile der Altstadt Magdeburgs zählten Anfang des 20. Jahrhunderts
zu den dichtbesiedeltsten Arealen in Europa. In engen Hinterhöfen lebten nicht selten alle Generationen einer Familie in einem Zimmer.
Vor allem im Knattergebirge entlang der Stadtmauer nördlich von St. Johannis drängten sich die Menschen oft in einem Raum. Dort wurde gekocht, gespielt und geschlafen. Um finanziell über die Runden zu kommen, vermieteten nicht wenige die Betten der Kinder an Fremde, sogenannte Schlafgänger. Auch anderswo in der Altstadt gab es Mietskasernen. Solche Wohnquartiere waren mit Seitengebäuden bis zu achtfach verschachtelt. Während vorn in den stuckverzierten Vorderhäusern das besserverdienende Bürgertum zu Hause war, lebte das Proletariat in feuchten, verfallenen Hinterhöfen. Die untersten Wohnungen in solchen engen Höfen bekamen kaum Licht, die hygienischen Bedingungen waren verheerend. Neun von zehn Wohnungen hatten kein eigenes Bad. Toiletten im Hinterhof wurden geteilt. Ansteckende Krankheiten breiteten sich rasant aus. Der Mangel an Licht und Luft, die Kälte im Winter, Ofenrauch und Wasserdampf begünstigten dies.
Eine Antwort auf die Wohnungsnot gab das Genossenschaftsgesetz von 1889. Es ermöglichte die Gründung von Wohnungsbaugenossenschaften. Durch Sammeln von Geld, zinsgünstigen Baukrediten wurde „gesunder“ und von Gewinnstreben freier Wohnraum für „kleine Leute“ geschaffen. Schon 1893 gründete sich in Magdeburg die erste Genossenschaft, binnen weniger Jahre kamen weitere hinzu. Jenseits des alten Festungsrings entstanden auf freier Ackerscholle neue Wohnquartiere, die oft eigene Gärten am Haus hatten.
Heute: Neben der innovativen Sanierung des Bestandes setzt die MWG auch auf Neubau, wie beim Luisencarré oder in der Jara-Straße
Wenn man ganz leise ist, hört man es zwitschern an der Otto-Nagel-Straße. Die lebendig-grüne Fassadengestaltung des „Baumkronenhauses“ ist das offenkundig Schöne dieser Haussanierung durch die MWG. Erst auf den zweiten Blick bekommt man mit, dass mit viel Aufwand auch die Zuschnitte der Wohnungen in dem Zehngeschosser den heutigen Bedürfnissen angepasst wurden. Als größte Wohnungsgenossenschaft in Sachsen-Anhalt ist die MWG permanent mit der Sanierung ihres über 9000 Wohnungen umfassenden Bestandes in der ganzen Stadt beschäftigt: So bekommt die Gartenstraße 10 gerade Balkonergänzungen, die Mechthildstraße 15–20 eine Verstärkung der Fassadenwärmedämmung oder der Block Hans-Grade-Straße 43 eine komplette Herrichtung der Wohnungen inklusive ebensolcher Grundrissänderungen.
Auch dank der genossenschaftlichen Spareinrichtung gehört Neubau weiter zum Konzept der MWG. Erst im Oktober hat das Luisencarré als neues Innenstadtquartier eröffnet. Mittelpunkt des Carrés mit 132 Wohnungen und acht Gewerbeeinheiten ist der 60 Meter hohe Luisenturm. Gebaut wird nicht nur in der Altstadt: An einer markanten Ecke des Wohngebiets Neustädter See entsteht gerade für 13,25 Mio. Euro ein siebengeschossiger Neubau mit 54 Wohnungen. Die Baugrube in der Victor-Jara-Straße 6–7 hat sich bereits mit dem Kellergeschoss gefüllt, Ende 2024 soll der Rohbau fertig sein.
Smartes Zukunftwohnen
Morgen: Zunehmende Temperaturen und mehr Bevölkerungsdichte in den Städten erfordert es, Wohnraum neu zu konzeptionieren. Wir leben in vernetzten, energieeffizienten, bedarfsoptimierten Häusern.
Im Jahr 2094 ist unser Zuhause permanent online, digitale Alltagsbegleiter bestimmen unser Leben: Ein Kühlschrank, der unsere Gewohnheiten kennt und Lebensmittel bestellt. Eine Wohnung, die sich farblich auf unsere Stimmung einstellt. Fensterscheiben mit automatischer Abdunkelung bei Sonne und Speicherung der Wärme in intelligenten Heizungssystemen. Die Wände sind mit LED-Folien überzogen, können Fernseher, Fenster und Tapete zugleich sein. Intelligente Roboter helfen uns beim Putzen, sind Spiel- und Unterhaltungspartner. Multifunktionale Möbelstücke können Kunstwerk, Sitzgelegenheit und Home-Office zugleich sein.
Mit Augmented Reality Brillen steuern wir über digitale Menüs und Handgesten unsere Umgebung, holen entfernte Freunde als menschliche Hologramme live in die Wohnung und lernen interaktiv, geführt von pädagogischen Avataren, Sprachen, und entlegenste Orte auf der Erde kennen.
Ab in die Zeitmaschine
Wer hat nicht mal geträumt, einmal in Vergangenheit oder Zukunft reisen zu können. Die „Zeitmaschine“ der MWG macht es für jedermann möglich, vom Gründungsjahr der Genossenschaft 1954 70 Jahre zurück, ins Jahr 1893 oder 70 Jahre voraus ins Jahr 2094 zu reisen. Dafür braucht man nicht den aus „Zurück in die Zukunft“ bekannten „Fluxkompensator“. Es geht einfacher. Wer per Handy die QR-Codes scannt, ist schon unterwegs.
Mittels Augmented Reality Technologie kann man in diese Lebenswelten eintauchen, sie hautnah erleben und interaktiv erkunden. Während in der Vergangenheit Schimmel und Mäuse unerwünschte „Mitbewohner“ waren, sind es in der Zukunft der fliegende Helfer „KIwox“, wandelbare Möbel und LED-Fenster.
Die beiden virtuellen Welten werden durch die reale Wohnwelt von 1954 mit Blumen-Tapeten und Retromöbel verbunden. Jedes Zeitalter wird durch Schaubilder und Texten beschrieben.
Die MWG-Zeitmaschine gibt es erstmalig am 5. Mai beim „Magdeburger Elbefest“ am Petriförder zu erleben. Danach folgt eine Tournee durch das Allee-Center, das City-Carré, sowie den Flora- und Bördepark.