© Paul Ripke
Marteria
Der Rapper reiste mit einem Charity-Projekt um die Welt
Marteria aka Marten Laciny ist nicht erst seit der „Lila Wolken“-EP eine feste Größe im deutschen Hip Hop. Seine Texte sind ehrlich, intelligent und machen Lust auf mehr. Am 31. Januar erscheint seine Platte „Zum Glück in die Zukunft II“. Inspiration holte sich der Rostocker auf seinen Reisen um die Welt. Dazu befragten wir den 31-Jährigen in Berlin.
Du bist die letzten Monate viel gereist. Was hat dich inspiriert, was enttäuscht?
Ich habe entdeckt, dass ich es sehr inspirierend finde zu reisen. Die neuen Eindrücke helfen mir total beim Texten und Schreiben von Musik. Es ist wichtig immer ein bisschen weiter als bis zum Ende meiner Straße oder meiner Stadt zu gehen. Dabei gab es auch sehr viele Dinge, die ich erschreckend fand. Wie zum Beispiel in Uganda, als ich mit Viva con Agua auf Projektreise war. Wir waren an Orten, in denen es kein Trinkwasser gibt. Du fliegst neun Stunden und findest dich ganz wo anders wieder. Die krasse Kluft zwischen diesen Welten hat mich erschüttert. Es ist so leicht den Menschen vor Ort zu helfen und ihr Leben zu verbessern. Gerade als Musiker sollte man sich nach Möglichkeit, außerhalb der Musik für solche Projekte einsetzen. Also nicht nur Fotos machen, sondern konkrete Hilfsaktionen planen.
Außerhalb von Essen und Trinken gibt es auf der ganzen Welt die gleichen Probleme und Wünsche. Die Menschen wünschen sich Freiheit, sie wollen, dass ihre Familien glücklich sind, dass es dem Heimatland gut geht, keine Korruption – das hat mich beeindruckt.
Wie bist du zum Charity-Projekt Viva con Agua gekommen?
Mit den Initiatoren bin ich gut befreundet. Fast auf jedem Festival gibt es Viva con Agua. Die Leute werfen ihre Trinkbecher auf die Bühne und für jeden Becher gibt es einen Euro. Mit dieser geilen Aktion sind sie bekannt geworden. Jedes Mal werden etwa zwei bis drei Tausend Euro eingenommen. Damit wurden schon ein paar Millionen Euro gesammelt, mit denen das Projekt Brunnen in wasserarmen Regionen baut.
Wie war die Zusammenarbeit mit Campino von den Toten Hosen? Was könnt ihr voneinander lernen?
Sehr viel. Seitdem besteht zwischen mir und Campino eine gute Freundschaft. Die Toten Hosen sind für mich nicht nur irgendeine Band. Sie sind deutsches Musikkulturgut! Mit der Kollaboration zeigen wir, dass Musik keine Grenzen kennt, dass wir die Mauern verschiedener Musikrichtungen einreißen können, auch wenn ein Rockact mit einem Hip Hop-Act zusammen Musik macht. Für uns hat das perfekt funktioniert.
Dieser Song („Die Nacht ist mit mir“) ist einer deiner Lieblingssongs auf deiner neuen Platte. Warum?
Für mich ist das einfach ein Song, der einen großen Wahrheitsgehalt und Erfahrungen der letzten Jahre enthält. Die des Singlelebens, der Barbesuche und des Fertigseins. Er fasst sehr gut zusammen, welche Gedanken und Gefühle ich hatte und das es eigentlich gesünder wäre nicht so viel zu feiern, aber dass es ohne das Feiern einfach nicht geht. Du musst einfach raus und etwas erleben. Natürlich ist das auch ein bisschen geisteskrank, schlecht und depressiv, aber tatsächlich absolut wahr. Und ich glaube, dass viele Leute diese Gefühle kennen. Scheinbar haben wir Menschen, besonders wir Ossis (lacht), eine kleine selbstzerstörerische Ader. Irgendwann muss man für sich erkennen, dass es an der Zeit ist, sich aus so etwas herauszuziehen und deshalb ist das ein sehr persönliches Lied.
Was hat sich für dich seit dem Song „Lila Wolken“ verändert?
Tatsächlich in erster Linie gar nicht so viel. Die mediale Wahrnehmung meiner Musik hat sich verändert. Viele Menschen sind auf uns aufmerksam geworden. Wir haben uns zum Glück vorher schon eine gute Fanbase aufgebaut. Und wir sind in den letzten Jahren von ganz klein, zu sehr groß gesund gewachsen. Es war natürlich toll so einen Song zu produzieren, aber umso schöner ist jetzt auch ein Song wie „Kids“, der nichts mit dem Pop-Einheitsbrei zu tun hat, der ein bisschen aneckt und Wu-Tang auf den Arsch tätowiert hat. Das finde ich im Moment sehr spannend.
Wie hat sich deine Musik seit der ersten Marsimoto (Alter Ego – Anm. d. Red.)-Platte verändert?
Sehr stark. Du veränderst dich einfach, wenn du älter wirst. Der rote Faden durch meine Musikkarriere ist dieser „Hunger“. Jede Platte muss so angegangen werden, als wäre es die erste. Du musst voller Power sein. Es gibt nichts schlimmeres, als mit 30 noch zu versuchen wie 19 zu sein. Ich bin jetzt 31 und versuche die Themen, die ich erlebt habe, niederzuschreiben und den Jüngeren zu zeigen, dass man immer noch etwas zu erzählen hat. Wir gehen mit der Musik sehr leidenschaftlich und mit unseren Fans sehr liebevoll um. Wir reißen uns den Arsch auf, um gute Platten und gute Auftritte zu machen. Ich bin sehr dankbar, Musik machen zu können und möchte so was zurückgeben.
Du warst Fußballer, Modell, jetzt Musiker – bist du angekommen?
Ja, auf jeden Fall! Ich will noch viel reisen, viel sehen, um mich inspirieren zu lassen. Ich hab Bock live aufzutreten, geile Festivals und Touren zu spielen und weiterhin gute Musik zu machen. Koi-Karpfen kann ich auch mit 60 züchten.
Interview: Nancy Wöhler