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Wer hätte gedacht, dass sich in den engen Gängen des Musikclubs „Insel der Jugend“ im alten Westwall an der Maybachstraße mal Landtags-Parlamentarier im feinen Zwirn drängen. Dort, wo sonst feinster Technosound oder R&B aufgelegt wird, kamen Ende Januar die Mitglieder des Ausschusses für Bildung, Medien und Kultur zusammen, um an der Diskussionsrunde „ClubKultur in Sachsen-Anhalt – bereit für die Zukunft?“ teilzunehmen. Eingeladen hatte ein 2020 gegründetes Netzwerk, zu dem neben dem Bundesverband LiveKomm auch lokale Vereine wie Magdeboogie, Local Heroes, der IG Freie Musikveranstaltende Halle oder das Magdeburger Netzwerk Freie Kultur e.V. gehören.
Tatsächlich findet man gute Nachrichten zur Clubkultur in letzter Zeit eher selten. Auf Jahre der Pandemie, die zu erzwungenen Clubschließungen führten, folgten Energiekrise und Inflation. Derzeit scheint die Clubkultur mehr denn je in ihrer Vielfalt bedroht, dabei sieht sich die Clubszene selbst als wichtigen Standortfaktor für Städte, vor allem aber will sie eine Anerkennung der Musikclubs als Kulturorte. Tatsächlich liegen hier ein paar Dinge im Argen, obwohl sie seit Jahren bekannt und im Fokus sind. Bisher gibt es eine saubere Trennlinie zwischen Tanzen und Kunst. Das führt dazu, dass Musikclubs im steuerrechtlichen Sinn „Orte des Vergnügens“ sind und mit einer Steuer belegt werden können. Können! Während es aber in Bayern die Vergnügungssteuer überhaupt nicht gibt, Großstädte wie Dortmund bei Tanzpartys dauerhaft auf sie verzichten, um die Clubszene zu stärken, gilt die Vergnügungssteuer in Magdeburg für „Tanz- und karnevalistische Veranstaltungen“ und ist mit einer Pauschalsteuer belegt. „Über das Jahr müssen wir allein an Vergnügungssteuer etwa 2000 Euro an die Stadt bezahlen“, bringt es Marco Wald vom „Boys & Beats“ auf den Punkt. Es geht auch um die baurechtliche Einordnung, wo Musikclubs ebenso wie Spielotheken und Sexkinos als schnöde „Vergnügungsstätten“ eingeordnet werden.
Gegen diese Einordnungen gibt es bundesweit Gegenwind, auch weil man gerade in den Metropolen erlebt, wie Clubs langsam verdrängt werden: Schon 2020 hatte man in der Bundespolitik von der „Clubszene als ein Standortfaktor“ für die Städte gesprochen. Sie seien Teil eines vielfältigen kulturellen Angebots und richteten die Aufmerksamkeit auf „eigentlich vergessene“ Räume in der Stadt. Im selben Jahr hatte das „Parlamentarische Forum Clubkultur“ einen fraktionsübergreifenden offenen Brief an die Bundesregierung übergeben. So heißt die Forderung der Betreiber ganz klar, Musikclubs und Livespielstätten baurechtlich als Anlagen für kulturelle Zwecke anzuerkennen.
Die Clubbetreiber setzen sogar noch eins drauf: Sie haben die Trennung in E- und U-Musik (Ernsthafte/Unterhaltungsmusik) bei der Kulturförderung im Blick. Bereits 2018 hatte der wissenschaftliche Dienst des Bundestags dazu festgestellt, dass „es fraglich ist, ob das Musikgenre dafür entscheidend sein kann, ob eine Anlage kulturellen Zwecken oder der kommerziellen Unterhaltung dient.“
Eine Kulturförderung für die Clubs gibt es bereits: Seit 2013 wird der mit insgesamt 2,5 Millionen Euro dotierte Musikpreis Applaus (steht für „Auszeichnung der ProgrammPLAnung Unabhängiger Spielstätten“) verliehen, womit er einer der höchstdotierten Bundeskulturpreise ist. 2022 bekamen ihn in Magdeburg die „Insel der Jugend“ und der „Geheimclub“. Aber gerade letzterer hat erst in diesen Tagen sang- und klanglos seine Tür geschlossen. Ende. Aus.