
© Anjelika Conrad
Tritt nach 33 Jahren als Intendant des Puppentheaters ab: Michael Kempchen
Zu allem Abschluss gab‘s nochmal was ganz Neues: Fürs diesjährige Sommertheater war das Team des Puppentheaters erstmals in das Kloster Unser Lieben Frauen eingezogen und hatte die Bühne für „Der Drache“ im Innenhof des Kreuzgangs aufgebaut. Ein magischer Ort. Ausverkauftes Haus, großes Figurentheater mit den lebensecht wirkenden Puppen aus der Werkstatt von Hagen Tilp. Chapeau!
Ach wie anders aufgestellt stand doch das Haus, das damals noch Städtisches Puppentheater hieß und nichtselbstständige Sparte des Theaters war, als Michael Kempchen 1990 die Intendanz übernahm. In den folgenden 33 Jahren hat er das Puppentheater geprägt wie kaum ein anderer. Wobei seine wichtigste Funktion oft genug im Verborgenen lag. So waren die Nachwendejahre, wie überhaupt die letzten Jahrzehnte, doch Zeiten der Konsolidierung öffentlicher Kassen, harte Zeiten, in der manch eine Puppenbühne sang- und klanglos abgewickelt wurde. Deshalb war Kempchens vielleicht wirksamste Aufgabe als Intendant vor allem anderen die des Möglichmachers, einer der Gelder zu beantragen, zu beschaffen hatte. Dafür verfügt er bis heute über ein ausgezeichnetes Netzwerk und persönliche Reputation auf den gesellschaftlichen und politischen Ebenen in Land, Stadt und im Bund. So ist es vor allem sein Verdienst, dass das Magdeburger Puppentheater heute eines der letzten eigenständigen Ensemblepuppentheater Deutschlands ist, ein Haus, das sowohl für Kinder als auch Erwachsene zeitgenössische Produktionen mit ästhetischer Vielfalt aus Material-, Objekt- und Puppentheater zeigt.
In diesen 33 Jahren hat er es geschafft, aus einer kleinen Theatertruppe eine renommierte Institution zu formen, die international bekannt ist. Mit dem Figurentheaterfestival „Blickwechsel“ als internationalem Branchentreff, einem breiten theaterpädagogischen Angebot sowie der Vernetzung in die Stadtgesellschaft hinein ist das Haus ein zentraler Anker des deutschen Figurentheaters – und steht für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Mehr noch: Auch dank seiner klugen Fernplanung von Projekten, deren Umsetzung von der ersten Idee bis zur Realisierung oft genug zehn Jahre und mehr benötigen, hat er es zu einem der bedeutendsten Puppentheater Deutschlands geführt. Einer dieser auf lange Sicht erdachten, geplanten und schließlich umgesetzten Bigpoints ist dabei die 2012 eröffnete „villa p.“ mit der Figurenspielsammlung. Unter seiner Führung wurde das Theater aber nicht nur ein Fixpunkt auf der Landkarte des europäischen Puppentheters, es gewann ebenso zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen und Preise.
„Es ist ein gutes Gefühl, sich mit einem Zukunftsprojekt für unser Theater und das Genre des Puppen- und Objekttheaters zu verabschieden“, schrieb Kempchen zum Abschied im „Puppe“-Journal. Gemeint ist das „Quartier p.“, die Gründung eines europäischen Figurentheaterzentrums, das in Kooperation mit drei Hochschulen eine international einzigartige Ausbildung sowie Experimentierräume für digitale Formate bieten soll. Schon 2016 trieb Kempchen dafür die ersten Analysen voran, im letzten Oktober stimmte der Magdeburger Stadtrat dem von Bund und Land mitfinanzierten Projekt einstimmig zu. Die Umsetzung müssen jetzt andere machen, aber der Weg ist ja bereitet.

© Jesko Döring
Puppentheater
Warschauer Straße 25, 39104 Magdeburg
Kassenzeiten Di-Do 10-12.15 Uhr u. 13-18 Uhr Fr 10 -12.15 Uhr u. 13 -16 Uhr Abendkasse: 1 Stunde vor Vorstellungsbeginn nach Vorstellungsbeginn erfolgt kein Nacheinlass.