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Мир для України!
Hab hart überlegt, welches Thema ich für diese Kolumne anfasse: entweder die immer penetrantere Unart der deutschen Youtube-Filmkritik, unnötig undifferenziert mit allem umzugehen, was nicht ins Bild passt oder Okkult-Kinder-Horror. Plötzlich bekam ich ‘nen Screener zur neuen Disney-Plus-Serie Pauline und die Sache war entschieden.
Die sechsteilige deutsche Produktion von BTF (How to sell Drugs online (fast), King of Stonks), verpackt das Thema »Teufelsbrut« in einen Genremix aus Urban Fantasy & Coming of Age, gespickt mit Cringe-Comedy-Elementen & Redaktionsfernsehen. Engel und Teufel als überzeichnete Bürokratenkarikaturen inklusive Cartoon-Erklärfilmen – das atmet einen auffälligen »Preacher«-Vibe, exklusive der angenehm überdrehten Gewaltspitzen.
Filme aus dem Subgenre des… tja, genau genommen gibt es dafür bisher gar keine Bezeichnung… sagen wir »Supernatural Pregnancy « dazu, kamen seit »Rosemaries Baby« (1968) eigentlich nie aus der Mode. Wäre mal spannend abzuchecken, inwiefern die Amplituden dieses Subgenres mit dem Aufkeimen der Abtreibungsdebatten zusammenfallen. In seinem Review zu »Das erste Omen« schrieb Bilge Ebiri dazu:
»[…] why should anyone be surprised that suddenly, in the wake of the Supreme Court’s overturning of Roe v. Wade, as state after state attempts to enact religious laws depriving women of bodily agency, America is getting horror movies about people forced into monstrous births by religious institutions worried about their growing irrelevance?«
Das erste Omen (2024): Deine Religion, das unbekannte Wesen
Im Kino läuft derzeit mit »Das erste Omen« die Vorgeschichte zum Satansbraten Damien aus der Omen-Filmreihe (ab 1976). Die angehende Nonne Margaret wird nach Rom entsandt, um dort im Waisenhaus zu arbeiten. Dort begegnet ihr das verstört wirkende Mädchen Carlita (Nicole Sorace), die erfrischend unverkrampfte Mitnovizin Luz (Maria Caballero); daneben trifft sie aber auch unnötig gruslige Nonnen und die fetzige Discomusik der 1970er – das alles an der Rahmenhandlung um den künftigen Sohn des Antichristen.
Neben angenehm unverhohlener Religionskritik, emuliert der Film auch gekonnt die Bildsprache des Originals und präsentiert dank Hauptdarstellerin Nell Tiger Free, eine der (für mich) stärksten Schauspielperformances im Horror der Nullerjahre. Regisseurin und Co-Autorin Arkasha Stevenson kommt ursprünglich aus dem Fotojournalismus (u.a. LA Times) und ist seit ihrer ersten kommerziellen Regiearbeit für die dritte Staffel der Creepy-Pasta-Serie »Channel Zero« tendenziell auf Düsteres und Horror abonniert. »Das erste Omen« ist Stevensons Langspielfilmdebüt und bis auf ein, zwei Ausnahmen kommt sie ohne Jumpscares aus, liefert dafür einige saftige Effektspitzen. In der Effekt-Disziplin gibt es lediglich einen Punkt Abzug für eine CGI-Unart am Ende des Films. Ansonsten: nette Geburt, gerne wieder.
Immaculate (2024) : Nachtgestalt, ick hör Dir trapsen!
Parallel zum Omen-Prequel läuft im Kino außerdem » Immaculate« , mit »Euphoria«-Sternchen Sydney Sweeney als N ovizin Cecilia. D ie se schließt sich einem italienischen Kloster an, um dort auch die Weihe bekommen. Die sowieso unheilvolle Stimmung wird erdrückend, als Cecilia trotz ihrer Jungfräulichkeit schwanger wird. Die »unbefleckte Empfängnis« (immaculate) gipfelt in einer Verehrung Cecilias als nächste Jungfrau Maria.
The „Victoria“ Syndrome
Potenzielle Oscar-Filme aus Kartoffelhausen die versehentlich keine Vergangenheitsbewältigung betreiben laufen Gefahr, von German Films – das Unternehmen kümmert sich u. a. um die Auswahl für die deutschen Oscar-Einreichungen – einen Tritt ins Knie zu bekommen. Das ist so vermeintlich bei dem als One Take gedrehten Neon Crime Thriller „Victoria“ (2015), erzählt Regisseur Sebastian Schipper in einem Gespräch mit Kino+. Nach Informationen von German Films hätte man „Victoria“ nicht nach Übersee schicken können, weil der englischsprachige Redeanteil zu groß gewesen sei und über den von der Academy erlaubten 40 Prozent gelegen hätte. (In der Gegenwart soll der nicht-englischsprachige Redeanteil übrigens über 50 Prozent liegen.) Sebastian Schipper suggeriert in dem Gespräch, dass diese Info ein bisschen Bullshitterei war – man hätte „Victoria“ als offiziellen Beitrag in die Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ einreichen können; das Komitee entschied sich schlichtweg lieber für Giulio Ricciarellis NS-Drama „Im Labyrinth des Schweigens“ (Thema: Auschwitz-Prozesse). Hätte „Victoria“ den Oscar gewonnen? Keine Ahnung – ich kann nicht multiversal hellsehen! Aber es wäre doch mal ein tolle Message, wenn wir künftig auch wieder mit Science Fiction, Horror, Fantasy, Thriller, Action & Co. überzeugen würden.
PS: Zum Thema Twin Movies haben die Kollegen von Flipps ein sweetes Video gebaut:
Titane (2021): Autoaggression
Wenn Du Lust auf eine besonders weirde und zugleich visuell wirklich packende Schwangerschaft hast, kann ich Dir wärmstens das Body-Horror-Drama » Titane« ans Herz legen. Autorin und Regisseurin Julia Ducournau inszeniert die Geschichte von Alexia (Agathe Rouselle), die seit ihrer Jugend eine Metallplatte im Schädel hat, jetzt als Showgirl arbeitet, Menschen tötet, Autos bummst und jetzt s chwanger von eben einem solchen ist , bevor sie sich als verschollener Sohn eines Feuerwehrmanns ausgibt und die hypermaskuline Belegschaft einer Feuerwache irritiert. Das Pitch-Meeting dafür stell’ ich mir spannend vor.
Psalme und Grußbotschaften an den Herrgott bitte direkt an rob@dates-online.de
PS: Du bist Kreativkopf in Magdeburg oder Umgebung? Dann schau doch mal beim monatlichen Treffen des Netzwerkes NMC (New Magdeburg Cinema) vorbei. Austausch über Projekte und Netzwerken ohne Stress.
Schreibt einfach 'ne Mail an new-magdeburg-cinema@gmx.de
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