Hygienekonzept für diese Kolumne: 2G-Masten bauen.
Hola, liebe Leserschaft. Na, schon mal wieder aktiv gegen den Stream geschwommen und für das Lichtspielhaus entschieden? Wir müssen nämlich nicht nur um Filmkultur bangen, sondern auch um Kinokultur. Ich meine, hey, ich sitze beim Glotzen auch gerne in Unterhosen da und lasse mir das vegane Pinienpesto ins Brusthaar tropfen. Zurecht schauen andere Gäste im Saal dann irritiert. Aber Filme im Kino sind doch so viel mehr, als ‚nur‘ Film. Kino macht Godzilla zum Riesenmonster und Herzschläge spürbar. Kino levelt Filme vom Begleitmedium zum Hauptprogrammpunkt auf; von der Bumsuntermalung zum Kulturstück. Schon mit dem Umstand, dass man ins Kino pilgert, nickt man den unzähligen fleißigen Händchen wertschätzend zu. Und na klar, manchmal nerven die panischen Schreie der Bälger hinter einem, aber hey, es sind ja Deine – was schmuggelst Du den Halbwuchs auch mit in den neuen SAW-Film. Kinofilme sind für die Leinwand gemacht und da sollten sie auch zuerst geschaut werden.
James Bond – Keine Zeit zu sterben: Mit der Lizenz zum Flexen
Während James Bond (Daniel Craig) und Love Interest Madeleine Swann (Lea Seydoux) turtelnd ihren Vorruhestand genießen, explodiert irgendwas und plötzlich fallen Augen aus Höhlen (Augenhöhlen), schießen Menschen auf Bond, Bond auf Menschen, Blicke, Titelsequenz – großes Drama. Jahre später kehrt Bond aus dem Ruhestand zurück, vornehmlich, um den Terroristen Lyutsifer Safin (Rami Malek) daran zu hindern die Weltbevölkerung mit einem Supervirus zu dezimieren. Business as usal.
Der 25. Bond-Film fährt Action-Pomp auf. Cool. Alles was ansonsten passiert, wirkt, als ob es etliche Male aus dem Drehbuch geflogen und wieder aufgenommen wurde. Nano-Maschinen, Verwandtschaftsgrade, Spectre-Overkill, neue 007 – ja oder nein? Trotz Phoebe Waller-Bridge (Fleabag) als Script Doctor, fehlt es dem Buch an Stringenz – obgleich es vermutlich ihr geschuldet ist, dass sich Bond von mindestens einer weiblichen Nebenrolle per Handschlag und nicht per One-Night-Stand verabschiedet. Schade hingegen: Lashana Lynch alias 007-Agentin Nomi bekommt wenig mehr zu tun, als vermeintlich keck auf den machoiden Silberrücken zu reagieren. Obwohl kein Thema, würde ich ein Agent-Nomi-Spin-off begrüßen, gerne ohne James Bond. Die größte Nebenrolle (auch) in diesem Film, ist allerdings das Product Placement. Luxusuhren werden präsentiert, Diamanten, Automarken präsentiert – hart unangenehm. In letzter Instanz ist „James Bond – Keine Zeit zu sterben“ Mission: Impossible mit mehr Martini und weniger Tom Cruise. Die Story ist generisch, der Cast unterfordert, die Schauwerte hingegen sind großes Kino und wollen auch gerne auf der Leinwand genossen werden.
Trailer James Bond 007 Keine Zeit zu sterben
Dune – Part I: Angenehm analoge Spice Opera
Der Planet Arrakis ist seit jeher Zentrum blutiger Machtkämpfe. Grund ist das Spice, eine wertvolle Substanz, die die Lebensdauer verlängert und die mentalen Fähigkeiten extrapoliert. Duke Leto (Oscar Isaac) und dessen Haus Atreidis werden vom Imperator als Verwaltung auf Arrakis stationiert, um den Spice-Abbau fortan zu überwachen. Religiöse Intrigen, Zukunftsvisionen und gigantische Sandwürmer machen das Vorhaben zu einem dramatischen Überlebenskampf.
An dieser Stelle: Ich habe die „Dune“-Bücher (noch?) nicht gelesen, finde es generell schwierig Romanadaptionen auf die Vorlage festzunageln und weiß, dass der Film von Regisseur und Co-Drehbuchautor Denis Villeneuve ca. die erste Hälfte des ersten Buches abdeckt. Ist mir also komplett egal, ob irgendwer im Buch anders aussieht, was anderes sagt oder ob die Sandwürmer drei Meter kürzer sind. „Dune“ liefert bild- und soundgewaltiges Kintopp-Spektakel. Ja, die Handlung hat viele Charaktere und Handlungsstränge, die allerdings in diesem, im ersten Part, oft nur oberflächlich angekratzt werden. „Dune“ greift, so wie viele Bestselleradaptionen, auf ein umfangreiches Worldbuilding zurück, aber das stört ja bei Star Wars, Herr der Ringe oder der Bibel auch niemanden, warum sollte es das also bei Dune?
Was angenehm im Gedächtnis bleibt, ist die relativ analoge Technik. Obgleich knapp zehntausend Jahre in der Zukunft angesiedelt, kommen Flugmaschinen mit analogen Schaltern und Drehzahlmessern aus und Laserwaffen gibt es lediglich im großen Maßstab, um Raumschiffe vom Himmel zu holen. Der Score von Hans Zimmer ist diesmal angenehm abwechslungsreich und der Titelsong „Paul’s Dream“ bleibt dank eingängiger Klagegesänge im Ohr. #Blockbusteralarm
Trailer Dune - Part I (2021)
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So, habe nun den Absatz das dritte Mal gelöscht. Wollte erst auflisten, was Studiokino, Moritzhof, OLi & Co. jetzt so zeigen. Aber diese Kolumne ist ja nur in zweiter Linie eine Programmvorschau. Neulich macht es klick bei mir, ich schaue auf den Kalender und ärgere mich. Habe eine Ausgabe Film & Gespräch im Moritzhof verpasst, die ich unbedingt wahrnehmen wollte. Das ärgert mich, weil ich vor allem das Flair mag. Film anschauen, drüber quatschen, alles ein bisschen kleiner und intimer. Da geht es in der Tat nicht immer darum, wer die größte Leinwand und die geilste Anlage hat. Es geht um Atmosphäre, Filme abseits des Mainstream, Stadtteil- und Kiezkultur – um das – Kultur. Manchmal höre ich von Menschen, oft Studis, die neuer in MD sind, es sei natürlich „weniger Kulturangebot als in Berlin oder so“. In solchen Momenten, möchte ich ihnen gerne den Proteinriegel und den entkoffeinierten Double-Choc-Vegan-Chai-Latté aus der Hand schütteln und brüllen: „Es gibt doch aber gar nicht DAS Berlin!“. Auch in Berlin hat nicht jedes Stadtviertel fünf Szeneclubs, vier Urban-Knitting-Tischtennisplatten, drei Cineplexe und zwei traditionsreiche Programmkinos. Und ja, in absoluten Zahlen, hat Magdeburg+ sicherlich weniger Kinos und Kulturangebote als Berlin, Hamburg oder Mittweida, aber es findet sich genug Kultur, um sich auszutoben – auch Filmkultur. Du wohnst in Stadtfeld? Dann schau im OLi -Kino vorbei – das ist wie nach Hause kommen, mit Leinwand. Auf dem Plan stehen Filmklassiker, Kleinkunst, Themenabende, Musik. Okay, in Neustadt hast Du zwei Mal Kino im Abstand von fünf Metern, aber tut ja nicht weh. Wirf Deinen Künstlerschal um, hole Dir ein paar Nüsschen und dann gibt es im Studiokino aktuelles Programmkino aus großen und kleinen Nischen und nicht zuletzt die Filmkunsttage Sachsen-Anhalt, übrigens aktuell wieder. Im Moritzhof gibt es vom Kinderkino bis zum Indie-Horrorfilm Buntgemischtes. Und selbstredend haben wir auch noch CinemaxX und CineStart. Was ich sagen will: Kino ist Kultur. Geh’ ins Kino! In MD gibt es genug Möglichkeiten; für den Pomp, für den schmalen Taler, für Kunstfilmer, für Filmkünstler, für Indiefans, für Blockbusterwatcher.
Gratis-Hörspiel : Parapol (Serie)
Zu Halloween darf es sicherlich mal etwas Schauriges sein, was? Kein Problem, ich weiß doch, was ihr abgefahrenen Freshkids so braucht! Das Hörspielprojekt hat mit „Parapol“ eine feine Serie im Angebot. Das Konzept: In jeder Episode ermittelt ein jeweils anderes europäisches Team, in einem paranormalen Fall. In Episode 1 etwa, ermittelt das italienische Team im Fall der Tränen der Madonna, während Episode 4 in Polen spielt, usw. Nicht nur für eine nicht-kommerzielle Hörspielproduktion gut gemacht. Auch im Vergleich mit anderen deutschen Hörspielen, klingt die Reihe ausgesprochen gut. Lauschen lohnt sich.
Hörspielserie Parapol
Wo sind die Filmprojekte in MD und Umgebung? Say it: rob@dates-online.de